Dem Rechnungshof, einer altehrwürdigen Institution von mittlerweile 250 Jahren, geht auch in Zeiten des allseits gepriesenen "mehr Markt, weniger Staat" die Arbeit nicht aus. Nicht nur gibt es im teilweise noch immer kafkaesk anmutenden österreichischen Behördenwesen genügend Fälle, bei denen der gehobene Zeigefinger, den die Rechnungshof-Berichte mit ihren Empfehlungen darstellen, Änderungen bewirkt hat.

Immer mehr allerdings kommt der semi-private Teil auf den Radar des Rechnungshofes, der mittlerweile das österreichische Staatswesen stark prägt: Unabhängig agierende Behörden wie die Finanzmarktaufsicht, vor deren Nase Bankenskandale wie der von Hypo Alpe-Adria oder Bawag passieren können, ohne dass der Behörde etwas auffällt.

Durch die Zunahme der Privatisierungen bei ehemals Bundes- oder Landesunternehmen könnte allerdings der starke Arm des Rechnungshofes geschwächt werden. Nur bei einer Beteiligung von mehr als fünfzig Prozent dürfen Bundesbeteiligungen derzeit untersucht werden. Mit dem häufigen Rückzug des Staates auf eine Sperrminorität gibt es damit keine öffentliche Finanzkontrolle dieser Unternehmen mehr - trotzdem weiterhin beträchtliche staatliche Mittel, im Endeffekt also Steuergeld, in diesen Firmen gebunden sind.

Das ist nicht mehr zeitgemäß, und die Forderung des Rechnungshofes nach einer Ausweitung seiner Prüfungskompetenz bei einer Staatsbeteilung bereits ab 25 Prozent ist deshalb nur legitim. Denn auch darf das Korrektiv, das eine mögliche Untersuchung darstellt, nicht unterschätzt werden. Und gerade die jüngsten Skandale zeigen wieder: Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser. (DER STANDARD, Print-Ausgabe, 12.5.2006)