GewerkschaftsrebellInnen: Website
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Wien - Weibliche Delegierte musste man richtig suchen, wenn man den Gewerkschaftstag am Dienstag und Mittwoch besuchte - Frauen fand man vornehmlich in den traditionell dienenden Rollen bei der Organisation.

Und das, obwohl eine der fusionierenden Gewerkschaften, Agrar-Nahrung-Genuss, einen Frauenanteil von 22,6 Prozent hat - die von den Metallern dominierte Metall-Textil-Gewerkschaft brachte zwar mit 34.463 weiblichen Mitgliedern gut viermal so viele Frauen in die Fusion ein, weil beim größeren Partner der Männeranteil aber höher war, sinkt der Frauenanteil in der neuen Gewerkschaft GMTN insgesamt unter 18 Prozent.

Umso heftiger sind die Bemühungen der GMTN, sich dem Gender Mainstreaming anzunehmen. Man hat sich "das Ziel gesetzt, die geschlechtsspezifische Betrachtungsweise in allen Bereichen einzubeziehen und eine aktive Gleichstellungspolitik auch in den eigenen Reihen zu forcieren".

Zeichen setzen

Noch radikaler sind die Anläufe der GewerkschaftsrebellInnen. Auf deren Website heißt es: "Als erster Schritt in Richtung gerechter Anteil von Frauen in allen Entscheidungsgremien: Im Präsidium des ÖGB sind jedenfalls 50 Prozent der Mitglieder Frauen." Eine solche - wenn auch nicht unbedingt so hoch gegriffene - Frauenquote findet in den letzten Tagen immer mehr Zustimmung.

Die Frauenvorsitzende des ÖGB, Vizepräsidentin Renate Csörgits, hat die Idee von zwei PräsidentInnen an der Spitze des Gewerkschaftsbundes - eine Frau und ein Mann - als "interessante Anregung" bezeichnet. Diese Anregung hatte die Geschäftsführerin der Privatangestelltengewerkschaft GPA, Dwora Stein, im Kurier gemacht.

Die Anliegen der Basis-Initiative "Zeichensetzen" für einen neuen ÖGB findet Csörgits zumindest teilweise gut. Angesprochen darauf, ob sie selbst als Spitzenkandidatin für eine ÖGB-Präsidentin kandidieren werde, legt sich Csörgits nicht fest: "Das wird dann diskutiert werden. Für mich ist es wichtig, dass schon in der Arbeitsgruppe die Frauen entsprechend vertreten sein müssen." Einer Anhebung des Frauenanteils könne sie nur positiv gegenüber stehen.

Tatsächlich läge eine Chance für eine Umkehr des in den letzten Jahren in fast allen Teilgewerkschaften abwärts weisenden Mitgliedertrends in einer verstärkten Attraktivierung der Gewerkschaften für Arbeitnehmerinnen. Und zwar nicht nur bei GMTN: Mit Ausnahme der Gastgewerbe-Gewerkschaft HGPD, wo fast drei Viertel der Beitragszahler weiblich ist, und den Gewerkschaften des öffentlichen Dienstes liegt der Frauenanteil im ÖGB deutlich unter den 46 Prozent, den der Frauenanteil an allen Beschäftigten in Österreich ausmacht. (cs/DER STANDARD, Printausgabe 11.05.2006)