Wien - Am 23. Mai wird die lange angekündigte ÖGB-Reformgruppe zu ihrer ersten Sitzung zusammentreffen. "Das ist zwei Monate nach dem Rücktritt von Fritz Verzetnitsch, das dauert zu lange", sagte Wilhelm Haberzettl Montagabend beim STANDARD-Montagsgespräch. Denn der Vorsitzende der Eisenbahnergewerkschaft wäre für radikale Reformen: "Wenn man einen starken ÖGB will, muss der Präsident direkt gewählt werden." Haberzettl hofft allerdings, dass die Internetplattform der Gewerkschaftsrebellen den Reformprozess beschleunigt: "Der Reformdruck wird immens werden. Diese Plattform ist für alle, die wirklich Reformen wollen, der beste Rückenwind."

Sandra Frauenberger, Leiterin der Bundesfrauenabteilung in der Gewerkschaft der Privatangestellten, sah das in der von Chefredakteur Gerfried Sperl moderierten Diskussion ähnlich: "Die Warterei dauert schon lange genug. Die Plattform wird die Reform beschleunigen. Ich brenne darauf, dass wir's angehen."

Wobei Klaudia Paiha, Vorsitzende der alternativen und grünen Gewerkschafterinnen, darauf drängte, dass dieses "wir" breit gefasst werden müsse: Die Reform dürfe nicht eine Insider-Sache der SPÖ-Mehrheit sein. Gerade daher sei die Frage, ob die Plattform wahr genommen werde, die "Nagelprobe für die Existenz oder Nichtexistenz des ÖGB".

Zukunftsforscher Matthias Horx wollte sich nicht mit Debatten über interne Strukturen aufhalten: "Das kann doch nicht alles gewesen sein." Er zeichnete die Zukunft der Gewerkschaft radikal: "Der ÖGB müsste ÖAMTC-Charakter haben. Wobei die Arbeitslosigkeit der Abschleppfall wäre. Das würde eine völlig andere Denkweise für Lobbying für Arbeit bedeuten." (eli/DER STANDARD, Print-Ausgabe, 9.5.2006)