Foto: Scala/Frenzel
Manchmal muss das Programmheft Nachhilfe für allzu sinnträchtige Bühnenallegorien leisten: Wie bei Antigone im Scala Theater, wo sich der Verweis auf zeitgenössisch-amerikanische Machtgelüste zurück ins vorchristliche Theben schleppt: Und dort entfaltet er sich in Brechts Variante (1951) von Hölderlins Übersetzungskünsten. Wolfgang Seidenberg lässt als König Kreon sämtliche Facetten des Machtmissbrauchs über die Bühne fegen, um sein Volk über die eigene Unfähigkeit hinweg zu täuschen. Und Ex-Königstochter Antigone (Monika Pallua) begräbt ihren in Ungnade gefallenen Bruder. Damit ist sie, wie nach dem Motto "Wer nicht für uns ist, ist gegen uns", dem Tod geweiht. Trotzdem, es bedarf einer Portion Hingabe, damit sich Anselm Lipgens' Textbearbeitung und Regie zum vorgeschlagenen Sinnbild fügt. Und über allem wachsen die Stilblüten des Textes. Sie tun das sperrig, aber auch schön. (pet/DER STANDARD, Printausgabe, 9.5.2006)