Gedenkjahre sind "unverschämtes Trivialisierungsattentat"
Sloterdijk: "Verlierer der Gedenkjahre sind immer Jubilare selbst" - Philosoph übt Kritik an Ausschlachtung von Freud und Mozart
Redaktion
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Wien - "Die Verlierer der Gedenkjahre sind immer die
Jubilare selbst." Dies sagte der deutsche Philosoph Peter Sloterdijk
zu den heurigen Freud- und Mozart-Feierlichkeiten anlässlich einer Lesung im Wiener Konzerthaus am Montag.
Die Gedenkjahre wertete er als "unverschämtes
Trivialisierungsattentat", überhaupt werde der "Attentatscharakter
bei Jubiläen immer gravierender". "Das kann dem Jubilar nicht gut
tun", kritisierte Sloterdijk und verwies auf den Philosophen Theodor
W. Adorno: "Der war auf jeden Fall der große Verlierer seines
Gedenkjahrs."
Sloterdijk, seines Zeichens Sigmund-Freud-Preisträger 2005, meinte
zu Freud an dessen 150. Geburtstag, dieser werde wohl mehr als
Schriftsteller als für seine psychologische Tätigkeit in Erinnerung
bleiben, zurecht sei er als Teil einer literarischen Kultur
eingemeindet worden. Die Psychoanalyse habe vor allem bei Künstlern
Anklang gefunden, da sie wichtig war als "neues
Bedeutungsschaffungsverfahren". Thomas Mann habe nicht zuletzt darum
zwei hervorragende Lobreden auf Freud geschrieben, so Sloterdijk:
"Aber Mann hätte sich eher eine Kugel in den Kopf geschossen als
selbst bei einer Sitzung mitzumachen."
Härter ging Sloterdijk mit dem Mozartjahr und dessen Ausformungen
ins Gericht. "Man sollte auch im Falle von Mozart die akkumulierte
Intelligenz von zehn Folge-Generationen respektieren", so Sloterdijk.
Daher sprach er sich dagegen aus, das Publikum mit schwächeren Werken
eines Künstlers zu konfrontieren, wie dies auch bei den Salzburger
Festspielen geschehe. Dort werden heuer alle Mozart-Opern inszeniert,
Sloterdijk kritisierte insbesondere die Wiederaufnahme der Oper "La
Clemenza di Tito". Weder sei die Oper selbst überragend noch sei die
Inszenierung gut. "Aber in Salzburg ist man an Beleidigungen
gewöhnt." (APA)
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