13-jährige Schüler setzen mit einer Ausstellung im Bunker am Alsergrund ein Zeichen gegen Rassismus. Mehr Fotos im Photoblog von Matthias Cremer.

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Erinnerungsprojekt Leopoldstadt

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Wien – Die Erinnerung an die Gräueltaten der Nazis und das Elend der Menschen dauert in Wien auch nach dem Gedenkjahr 2005 fort. Zwei große Projekte widmen sich dem Krieg und seinen Folgen: der "Bunker der Erinnerungen" am Alsergrund und der "Weg der Erinnerungen", der durch die Leopoldstadt führt.

"Weg der Erinnerungen"

"Wirklich tot sind nur jene, an die sich niemand mehr erinnert", besagt ein jüdisches Sprichwort. In der Leopoldstadt lebten vor dem Zweiten Weltkrieg zu 40 Prozent Juden, bevor der Großteil von ihnen deportiert und ermordet wurde. Elisabeth Ben David-Hindler bringt ihr Schicksal in die Gegenwart. Im Oktober 2005 hatte sie schon mit ihrer Aktion des "Wegs der Erinnerungen", bei der am Volkertplatz kleine Steine mit eingravierten Namen einiger jüdischer Opfer in den Boden eingelassen wurden, den ersten Schritt dazu gemacht (DER STANDARD berichtete). Im November 2006 soll der "Weg der Erinnerungen" starten, beginnend in der Tempelgasse. Er führt zu Stätten, die das jüdische Leben im zweiten Bezirk lebenswert machten.

Durch Leopoldstadt

Die Idee der Stolpersteine entstand in Deutschland, David-Hindler adaptierte sie für Wien. Viele Briefe aus Israel haben sie seither erreicht. Menschen, die von ihrer Gemeinde von "Straße der Erinnerungen" erfahren haben, bitten David-Hindler, auch für ihre Angehörigen einen Erinnerungsstein einzulassen. Wenigstens der Gedenkstein solle an die Familienmitglieder erinnern, "wenn sie schon keinen Grabstein" haben. "Möchte nicht, dass ihr Andenken in Vergessenheit gerät," schreibt die Verwandte von der Familie Feldschuh, die am Tabor und in der Praterstraße gewohnt hat.

Auf unserem Spaziergang von der Tempelgasse, wo der Leopoldstädter Tempel stand, durch den ehemaligen Künstlertreff im Nestroyhof, durch die Zirkusgasse, wo der Türkische Tempel stand, macht Elisabth Ben David-Hindler in der Lilienbrunngasse in einer jüdischen Bäckerei halt. Sie fragt, ob denn irgendetwas drauf hinweise, dass hier das Bethaus der Belczer Schule war? Die Verkäuferin schüttelt den Kopf.

Der Weg wird auch an die Gedemütigten erinnern, die am Karmeliterplatz den Beton schrubben mussten und an jene, die Selbstmord begangen haben, etwa in der Kleinen Sperlgasse und an die zu hunderten Zusammengepferchten in der Schmelzgasse. Der erste Rundgang endet schließlich in der Großen Schiffgasse, wo der Tempel, die "Schiffschul" gestanden hat. Der Weg solle mit den Steinen jener gedenken, die überlebt haben, sagt Ben-Hindler.

Museum im Luftschutzbunker

Dem Thema Holocaust widmen sich auch die Schüler des Erich-Fried-Realgymnasiums, die den ehemaligen Luftschutzbunker im Arne Karlsson Park am Alsergrund zum zweiten Mal zu einem Museum umgestalten und auch selbst zur Kriegsgeschichte Führungen machen. Einer der unterirdischen Räume erinnert an die unzähligen Toten, die als Kerzenlicht an die verspiegelte Wand gespielt werden, erzählt 13-jährige Davin Chromy.

Sein Geschichtelehrer Wilhelm Urbanek hat mit einigen Studenten der Pädagogischen Akademie die Gestaltung begleitet, der Historiker Marcello La Speranza den Luftschutzraum rekonstruiert. Der Bogen zur Gegenwart ist gespannt: die Jugendlichen sagen dem Rassismus und der Ausländerfeindlichkeit den Kampf an. Die Ausstellung wird am Donnerstag eröffnet. (Marijana Miljkovic/DER STANDARD, Print, 4.5.2006)