Der 34-jährige Biologe Thomas Bugnyar ntersucht seit zehn Jahren an der Konrad Lorenz-Forschungsstelle in Grünau im Almtal die kognitiven Fähigkeiten der Kolkraben.

Foto: Bugnyar
Wenige werden das, was sie ihren Volksschulkollegen in die Freundschaftsbücher schreiben, besonders, wenn das Berufsziel "Tierforscher" lautet. Thomas Bugnyar schon. Der 34-jährige Biologe untersucht seit zehn Jahren an der Konrad-Lorenz-Forschungsstelle in Grünau im Almtal die kognitiven Fähigkeiten der Kolkraben. Mit so großem Erfolg, dass er heuer den mit großem Prestige und 1300 Euro dotierten Tinbergen-Preis der Ethologischen Gesellschaft erhält.

Imitationsvermögen von Löwenaffen

Dabei lagen ihm die Raben ursprünglich gar nicht nahe. Sein Interesse galt den Primaten, denen er sich auch für seine Diplomarbeit widmete; er erforschte das soziale Lernen und das Imitationsvermögen von Weißbüschel- und Goldgelben Löwenaffen. Betreut wurde er unter anderem von einem der bekanntesten Wiener Biologen, dem kürzlich verstorbenen Rupert Riedl. Zweitprüfer war Kurt Kotrschal, Leiter der Forschungsstelle, und der machte dem Magister das Angebot, mit den Almtaler Raben zu arbeiten.

"Zu faul"

Seine Diplomarbeit auf einem damals an der Uni Wien stiefmütterlich behandelten Gebiet hatte Bugnyar zu dem "Affenmenschen" in der Hauptstadt gemacht, und so glaubte niemand, dass er das Angebot annehmen würde - Bugnyar und Kotrschal eingeschlossen. Dann kam jedoch etwas zum Tragen, das in Bugnyars Arbeit sonst keine Rolle spielt: "Ich war zu faul, um mich nach etwas anderem umzuschauen."

Schrödinger-Stipendium

Es sollte sein Schaden nicht sein: Bei seinem ersten großen Vortrag über die Raben-Ergebnisse, den er noch während seiner Doktorarbeit hielt, wurde ein "Urgestein" der Kognitionsbiologie, der damals 80-jährige Don Griffin, auf den jungen Wissenschafter aufmerksam und riet ihm, sich mit Bernd Heinrich, dem damals bekanntesten Raben-Forscher, in den USA in Verbindung zu setzen und sich dabei auf ihn zu berufen. Heinrich lud Bugnyar tatsächlich an sein Institut nach Vermont ein, doch dieser musste vorerst ablehnen: Er hatte noch sein Studium abzuschließen und seinen Zivildienst beim Roten Kreuz abzuleisten. Das Angebot blieb aber bestehen, und so forschte Bugnyar von 2001 bis 2003 mithilfe eines Schrödinger-Stipendiums in Heinrichs Arbeitsgruppe an der University of Vermont.

Dort, meint er, lernte er auch, die Dinge auf den Punkt zu bringen - auch weil er damals noch weit gehend allein war und es entsprechend schwer hatte, sich international zu positionieren. Dieser extrem strukturierte und zielstrebige Zugang ermöglicht ihm auch, scharf umrissene Fragen zu formulieren und die entsprechenden Versuchsanordnungen zu entwerfen. Die Zusammenarbeit mit Heinrich hält bis heute an - wie überhaupt die Forschungsstelle in Grünau auch dank Bugnyar regen Austausch mit ausländischen Instituten pflegt.

Von Raben nicht enttäuscht

Die Raben haben den "Affenmenschen" Bugnyar in keiner Weise enttäuscht: "Die können praktisch alles, was Schimpansen können." Und so hofft er, in Zukunft dort weiterarbeiten zu können, wo er derzeit ist, denn "langsam kommen wir auf einen grünen Zweig". Dass ihm das Geld ausgeht, ist zwar in Zeiten wie diesen immer eine Gefahr, mit zahlreichen Publikationen in angesehenen Journalen und bis jetzt 17 Kongressen im Gepäck ist er jedoch ein echter Werbeträger für den Wissenschaftsfonds, aus dessen Mitteln seine Arbeit vorwiegend finanziert wird. In den nächsten Jahren will er sich auch mit artübergreifenden geistigen Leistungen befassen, vornehmlich mit Keas und - hier kehrt er zu seinen Anfängen zurück - mit Affen.

Nach etwaigen Hobbys befragt, meint er, er hätte sein größtes zu seiner Arbeit gemacht und mit seiner Familie - er ist verheiratet und Vater zweier Buben - ein neues dazubekommen. Die Trennung zwischen beiden ist naturgemäß nicht einfach: "Das ist schon witzig zu sehen, dass die Raben etwas können, was der Kleine noch nicht kann." (D ER S TANDARD , Print-Ausgabe, 3.5. 2006)