Brüssel - Die EU-Kommission hat die Verhandlungen mit Serbien-Montenegro über ein Stabilisierungs- und Assoziierungsabkommen gestoppt, nachdem Belgrad den mutmaßlichen serbisch-bosnischen Kriegsverbrecher Ratko Mladic bisher nicht an das UNO-Kriegsverbrechertribunal in Den Haag ausgeliefert hat. Dies teilte Erweiterungskommissar Olli Rehn am Mittwoch in Brüssel mit.

Die Chefanklägerin des UNO-Tribunals, Carla del Ponte, habe ihn zuvor informiert, dass sie die Situation in Serbien-Montenegro negativ sehe, sagte Rehn. Daher habe die Kommission entschieden, "die Verhandlungen über das Stabilisierungs- und Assoziierungsabkommen aufzukündigen". Die Gespräche könnten wieder aufgenommen werden, sobald Serbien voll mit dem Tribunal zusammenarbeitet.

Rehn bemängelt fehlende "demokratische Reife" Serbiens

Es sei "offensichtlich", dass der militärische Gehemidienst in Serbien nicht unter zivil-demokratischer Kontrolle der Regierung in Belgrad stehe, kritisierte Rehn. Der EU-Kommissar wollte auch nicht auf Gerüchte eingehen, wonach eine Auslieferung von Mladic noch in den nächsten Stunden erfolgen könnte: "Die Zeit der Spekulationen ist vorbei. Jetzt muss man Taten folgen lassen."

Es gehe auch um die "demokratische Reife" Serbiens und um eine damit verbundene Kontrolle der Streitkräfte, betonte Rehn. Der Kommissar rief die demokratischen Kräfte des Landes aus, für entsprechende Reformschritte einzutreten. "Serbien-Montenegro hat eine europäische Vision und eine europäische Perspektive", unterstrich Rehn. Das Stabilisierungs- und Assoziierungsabkommen sei ein erster Schritt des Landes auf dem Weg zur Europäischen Union und würde den Bürgern konkrete Vorteile beim Handel und bei Investitionen bringen.

Das Ultimatum der EU an Belgrad zur Auslieferung von Mladic war Ende Februar verhängt worden. Nach Ablauf der Frist Ende März wurde es von der Kommission um ein Monat verschoben. Es sei "enttäuschend", dass Belgrad nicht in der Lage gewesen sei, Ratko Mladic nach Den Haag auszuliefern, sagte Rehn. Die Kommission hatte im Frühjahr 2005 die Aufnahme der Gespräche empfohlen, nachdem Serbien-Montenegro "große Fortschritte" bei der Zusammenarbeit mit dem Kriegsverbrechertribunal gemacht habe, sagte Rehn. Diese Zusammenarbeit sei aber von der EU aber immer zur Bedingung für die Gespräche gemacht worden. (APA)