Die international ebenso gefragten wie gefeierten Stars der Theater-, Tanz- und Medienkunstszene kreieren ironische und hochpolitische Stücke. Als Futter dienen ihnen dabei die Auswüchse von Medien, Pop, Konsum und sozialem Alltag, die verpeist und in collagierten Imitationen aufs Publikum zurückprojiziert werden. "Demontage" nennt Superamas ihre Technik des Zerlegens und Transformierens, die den Blick unter die polierten Oberflächen ermöglicht.
Casino: Gefährlich-komisches Roulette
Beim donaufestival sind Superamas am zweiten Wochenende mit zwei Performances zu Gast. In "Casino" wird die Lounge in eine Mischung aus Studio, Sportarena, Kino und Club verwandelt. Vier Cheerleader überschreiten darin die Grenzen stereotyper Männerfantasien und repetieren Klischees bis zu deren Zerstörung. Ein gefährlich-komisches Roulette aus Songs, Videos und Lichtinstallation.
"BIG: 2nd episode" war bereits 2004 mit großem Erfolg bei Kritik und Publikum bei ImpulsTanz und im Tanzquartier zu sehen. Es spielt mit Stereotypen und gelackten Ikonen des Pop-Biz und der Spektakelwelt in TV, Kino und Werbung. Superamas experimentieren mit den Darstellern dieser Produktgesellschaft, schlüpfen in Filmszenen und spielen dazu als Soundtrack bekannte Songs von Wham, Coldplay oder gar Britney Spears ein. Nicht ausgeschlossen werden darf, dass bei "BIG: 2nd episode" die Masken zu bröckeln und "Schönes" ins extreme Gegenteil kippt.
Voyeurismus am roten Teppich und im Hotel
Bevor allerdings Superamas die Spektakelsuppe kräftig umrührt, tritt gleich zum Festivalauftakt Gob Squad auf den Plan oder vielmehr auf den roten Teppich. Das deutsch-britische Kollektiv übernimmt am Eröffnungsabend das Staffelholz im Stadtpark, wo die Eröffnung des Sabotageplatzes begangen wird. In einer "Prozession" zum Festivalgelände, schlüpfen die Performer in die Rollen von Society-Reportern, die mit ihren Kameras lechzend auf die zahlreichen Stars warten. ("Who are you wearing")
An den beiden darauffolgenden Tagen treibt Gob Squad, das mit seinem mitspielenden Publikum temporär soziale Situationen erschafft, im Donauhotel sein Unwesen. Die Protagonisten: Zwei Frauen, zwei Männer und vier isolierte und identische Hotelzimmer. Das Publikum sitzt in der Lounge und verfolgt das spezielle "Room Service" über Monitore.
"House of No More"
Aus New York in die Wachau gereist kommt die Big Art Group, die weltweit als Revolutionäre der Performance-Kunst gelten. Sie stehen für eine Verschmelzung von Kino und Bühne, bei der sich die Story um ein verschwundenes Kind und einen Serienkiller konsequent der Form unterordnet. In "House of No More" verweben sich die Ingedredienzen Liebe, Mord, Horror, Sex und Blut zu einem "Soft Core Crime Thriller". Formal charakteristisch sind bei der Big Art Group die drei fix nebeneinander montierten Kameras, die das Geschehen der Akteure simultan in eine dreiteilige Projektion übertragen.
Erstmals in Österreich zu Gast ist der argentinische Performance-Rebell Rodrigo García und seine spanische Truppe "La Carnicería Teatro". Auch hier dreht sich alles um den alltäglichen Horror der Konsumgesellschaft, allerdings mit eher resignierendem verzweifelten Unterton. Der Titel der harmlos beginnenden "Geschichte von Ronald, dem Clown von McDonals" gipfelt in obsessiven Anklagen gegen eine turbomaterialistische Welt.
Höschen am Stiel
Dass noch viel mehr Genregrenzen einzureißen sind, als ein Festival an drei verlängerten Wochenenden bewältigen kann, beweist der Shooting-Star der russischen Kunstszene Andrey Bartenev zum Abschluss des Donaufestivals. Ursprünglich aus der bildenden Kunst kommend (Fotografie, Skulptur, Collage, Design, Grafik) öffnen seine Aktionen Tore zu Performance-, Fashion- und Party-Welten.
In Moskau allerdings ist Bartenev eher ein geächtetes Enfant Terrible: Konservative Kritiker verorten seine bunten, schrillen Peformances lieber im Kitsch als ihm Bereich der hehren Kunst. Jenseits der Heimat aber, ist der stets aufwendig kostümierte und bemalte Bartenev, heiß geliebt. Besonders die Zusammenarbeit mit Theatermacher Robert Wilson brachten ihm in den USA und Großbritannien große Aufmerksamkeit und Lobeshymnen der Presse ein.
"Underpants on The Stick" heißt seine schräge Kostüm-Show für Korneuburg, an der 48 Performer, StudentInnen der Wiener Kunstschule, mitwirken werden. - Haltet die Höschen fest, oder... lasst sie fliegen! (kafe)