Bewerbungsgespräche werden in einem ersten Schritt simuliert, das Feedback ist über die allgemeine Datenbank abrufbar und dient zur Orientierung.

Ausbildungsplätze, die den Jugendlichen lange Zeit nicht zugetraut wurden, stehen im Rahmen des "Hamburger Hauptschulmodells" wieder offen.

Die Situation Jugendlicher, die in den letzten Jahren von den Medien oft gezeichnet wird, ist eine triste. Perspektivlosigkeit, fehlende Lehrstellen und verfehlte Integration treiben Blüte wie kürzlich in der Rütli-Hauptschule in Berlin. Vor allem Hauptschulen haben den Ruf, allgemein eher Problemschulen mit schlechtem Ausbildungsniveau zu sein. Oft zu unrecht, trotzdem haben HauptschülerInnen vor allem in Städten schlechtere Startbedingungen.

Kaum Ausbildungsplätze

Jüngst ergab beispielsweise die Schulabsolventenbefragung des Bundesinstituts für Berufsbildung (BIBB), dass AbiturientInnen 2005 eine dreimal so hohe Chance auf einen Ausbildungsplatz wie HauptschülerInnen haben. Von 77 Prozent der HauptschülerInnen, die eine Lehrstelle anstreben, finden nur 42,9 Prozent eine Ausbildung im dualen System.

Insgesamt sind besorgniserregende 15 Prozent der Jugendlichen in Deutschland arbeitslos, Projekte, die versuchen, dem Problem entgegenzusteuern gibt es viele, ein besonders erfolgreiches wurde im letzten Jahr mit dem Carl-Bertelsmann-Preis 2005 ausgezeichnet.

Das "Hamburger Hauptschulmodell"

Das "Hamburger Hauptschulmodell" bietet HauptschülerInnen ein professionelles Netzwerk, das auch von Unternehmen und Behörden getragen wird. "Das besondere an dem Projekt ist, dass hier sowohl Unternehmen asl auch Wirtschaftsbehörde, Schulbehörde und Arbeitsagentur an einem Strang ziehen," erklärt Jens Prager von der Bertelsmann-Stiftung, wieso gerade dieses Modell zum Preisträger wurde, alle 109 Hamburger Hauptschulen schlossen sich diesem Netzwerk an. Eine Koordinierungstelle - finanziert aus Mitteln von Stadt, Bund und dem Europäischen Sozialfond - vermittelt zwischen den verschiedenen Parteien und sorgt dafür, dass alle auf ihre Rechnung kommen.

Betriebliche Ausbildung nach Interessenslage

SchülerInnen, die kurz vor dem Abschluss der Hauptschule stehen, lassen sich in der Koordinierungsstelle beraten, klären gemeinsam mit professionellen Coaches Stärken und Schwächen. Daneben steuert die Arbeitsagentur klassische Berufsberatung bei. Die Koordinierungsstelle übermittelt Namen und Schulnoten an interessierte Firmen, die wiederum die SchülerInnen zu Gesprächen unter realen Bedinungen eingeladen, das Feedback der Firmen landet in der Datenbank, auf die andere zugreifen können. Die Koordinierungsstelle sortiert.

Meist kristalliert sich bereits in dieser Phase heraus, zu welcher Firma welcher Schüler passen könnte. "Das ist gezieltes Matching, das hervorragend funktioniert", erklärt Jens Prager und hebt vor allem den Imagewandel der Hamburger HauptschülerInnen hervor. "In Metropolen müssen die Jugendlichen auch mit starker Konkurrenz aus den Bundesländern rechnen, in Hamburg ist aber mit dem Projekt das Bewusstsein bei den Unternehmern gewachsen, dass Hamburgs Hauptschüler gute Arbeit liefern." Und auch die Schulen können sich, seitdem die Koordinationsstelle vergleichbare Daten liefert, besser positionieren. "Unter den Schulen ist mittlerweile ein Wettbewerb um die bessere Vermittlungsquote entbrannt", so Prager. "Je besser die Quote, desto besser der Ruf der Schule."

Mehr Ausbildungsplätze

Aber nicht nur große Firmen öffneten ihre Ausbildungsprogramme wieder für HauptschülerInnen - beispielsweise bildet die Lufthansa seit kurzem wieder HauptschülerInnen zu FluggerätemechanikerInnen aus - auch kleine Unternehmen sahen in dem Projekt einen Anlass, Ausbildungsplätze anzubieten. "Der aufwändige Auswahlprozess ist für manche kleine Firmen ein Grund gewesen, keine Lehrplätze mehr anzubieten, nachdem die Auswahl nun die Koordinierungsstelle übernimmt, sind auch die kleinen Firmen wieder im Spiel," so Prager.

Positive Entwicklung

Und die Unternehmen wissen ihre HauptschulabsolventInnen zu schätzen. Die Abbrecherquote ist gering und die vermittelten bleiben Jugendlichen ihren Arbeitgebern treu. "RealschülerInnen haben im Schnitt größere Karriereambitionen und gehen den Firmen meist nach einer ersten Ausbildungsphase wieder verloren," erläutert Prager.

Trotz großer Erfolge liegt die Übergangsquote von HauptschülerInnen, die gleich nach dem Abschluss in einen Job wechseln im Hamburg aber immer noch bei nur 20 Prozent. Die Lage noch vor fünf Jahren: nur 6,7 Prozent bekamen gleich eine Ausbildungsstelle. Unterm Strich also ein Erfolg, der in Zukunft weiter ausgebaut werden soll. "Das Ziel in Hamburg ist es, auf 50 Prozent zu kommen," so Prager. (mhe)