Die Bergrallye

in Landshaag, unweit von Linz, ist eine der letzten ihrer Art. In 28 Klassen traten am 8. und 9. April die Fahrer gegeneinander an: von den historischen Motorrädern bis zu den Rennmaschinen neuesten Datums war alles vertreten. Quads, Seitenwagen und SuperMotos. Klar musste ich dort dabei sein.

foto: gluschitsch

Damit

ich nicht in Versuchung kam, auch gleich anzutreten, zwang mich Herr Fidler, den Weg nach Landshaag mit einer BMW K 1200 GT zu bestreiten. Habe ich jemals über Heizgriffe gelacht und Sitzpolsterwärmer? Die Einbauheizung und die mächtige Verkleidung der 1200er machten den Weg nach Landshaag aber angenehm. Ich musste bei 4 Grad Celsius nicht frieren und die BMW fuhr wie auf Schienen. Ich kam extrem entspannt in Oberösterreich an

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Rudolf

(genau, der von den Deppen-Geschichten) schleuste mich gleich am ersten Trainingstag in das Rennteam von Mario Klepatsch und seinem Kollegen Fritz Traxler (Bild) ein. Ich fungierte dort als Boxenluder und Imwegsteher.

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Mario

kümmerte sich aber nicht nur rührend um mich, sondern auch um seine beiden Rennmaschinen. Eine nigelnagelneue Yamaha R6 und seine Suzuki GSX-R 1000. Traxler fuhr ebenfalls eine Suzuki GSX-R 1000. Die R6 war wirklich neu – kein journalistisches Geschwafel.

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Auf meine Frage,

wie Klepatsch denn so ein Renngerät einfahren würde, meinte er nur trocken, dass einer seiner Mechaniker damit eh schon bis zur Toilette und zurück gefahren sei. In der Tat hatte die R6 am Start zum ersten Trainingslauf 2 Kilometer am Tacho. Und wer den ersten Start gesehen hat, der weiß auch, warum ich davon abraten würde, genau dieses Motorrad einmal zu kaufen, wenn es gebraucht billig zu haben wäre. Die wurde nicht geschont.

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Klepatsch

und Traxler legten gleich von Anfang an gute Trainingszeiten hin. Ich wusste, ich konnte die Burschen alleine lassen und ging mir die Trainingsläufe ansehen. Habe ich je gesagt, ich würde Motorrad fahren? Ja? Ich nehme es zurück. Denn wenn Motorrad fahren das ist, was ich am Wochenende gesehen habe, dann meinte ich, als ich jenes sagte, nicht dasselbe.

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Egal,

ob der Pilot eine Uralt-125er steuerte, einen Quad oder eine Ring-1000er, es gab nur ein Gas, Vollgas. Die 3,6 Kilometer lange Strecke ist abwechslungsreich und anspruchsvoll. Von engen über weite Kurven bis hin zu langen Geraden muss man alles beherrschen. Ich machte es mir stets in der Nähe der Kurven bequem und staunte.

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Da kamen Hecks quer,

da schliffen Kniepads und höher gelegte Fußrasten, als ob es das Normalste der Welt wäre. Einige Quads und ATV nahmen die engen Kurven gar nur auf zwei der vier Räder. Und wenn nicht, dann drifteten sie dahin wie jene Fahrer mit ihren Supermotos.

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Nach

dem letzten Trainingslauf kehrte ich in die Box zurück. Ich war um die Erfahrung reicher, dass ich mir ein altes Damenrad kaufen und üben sollte, anstatt Motorräder zu vergewaltigen.

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In der Box

war dann alles anders, als ich mir das vorgestellt hatte. Ein weibliches Boxenluder machte mir den Rang streitig und geizte nicht mit ihrem Ausschnitt, erotischen Gesten und Halbweisheiten, wie man sie ihr andenkt. Auch das Team rund um Mario Klepatsch war in Höchstform. Seine Trainingszeiten waren sehr gute, also durfte gefeiert werden. Und die Klepatsch-Partie weiß, wie das geht.

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Während die Mechaniker

das Boxenluder umgarnten und sich illuminierten, werkte Mario mit Peter Lietz, er stellte die Yamaha zur Verfügung, noch an der R6. Ein paar Kleinigkeiten sollten feiner abgestimmt werden vor dem Rennen. Der Taxidienst, das Team vom Wirten zur Unterkunft zu bringen, blieb ebenfalls an Mario hängen. Die anderen waren entweder schon zu müde zum Fahren oder zu enthusiasmiert, um ins Bett zu gehen. Letztere waren danach aber auch so zufrieden mit dem Bett, dass sie am nächsten Tag um 8:00 Uhr nicht in die Boxenstraße fanden. Die sah ich erst nach dem Rennen wieder – und nein, sie sahen nicht gut aus.

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Der zweite Tag

begann wieder mit einem Training. Nur waren die Eindrücke diesmal leider unschönere. Ganze vier Stürze musste ich mir ansehen. Nicht nur, dass ich es ganz schwer ertrage, wenn ich jemanden unfreiwillig vom Motorrad kraxeln sehe, waren die Kommentare, die ich von hinter und neben mir zu hören bekam, unter aller Kritik. Dagegen war ja der Platzsprecher noch eloquent.

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Na gut,

Motorrad-Veranstaltungen ziehen nicht gerade die intellektuelle Elite des Landes an. Statt mich aber unter Gleichgesinnten geborgen zu fühlen, machte ich mir Sorgen um die Fahrer. Deswegen eine Bergrallye zu besuchen, weil sich hoffentlich einer einbauen wird, ist schlicht pervers.

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Alle Stürze

gingen ohne schwere Verletzungen aus. Die meisten Fahrer rannten sogar nach dem Abwurf sofort zu ihrem Sportgerät. Nur einer musste mit dem Hubschrauber abtransportiert werden – er kam mit einigen angeknacksten Rippen davon. Seine Tags zuvor erstandene R6 war mitgenommener: Heck abgerissen, Front zerstört, selbst die Lenkholme abgerissen. Sie stand nach ihrem Abtransport in der Boxenstraße, versehen mit einem Preiszettel.

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Im Rennen

gab es zum Glück keine Stürze. Rund 14.500 Zuschauer wurden an den beiden Tagen gezählt und die meisten davon sahen sich wohl den Siegerlauf von Fritz Gahleitner auf seiner Yamaha R1 mit 1:13,967 Minuten an. Mario Klepatsch wurde mit der 1000er Gixxen Zweiter. Fritz Traxler konnte sein Vorjahres-Ergebnis um beachtliche 3 Sekunden verbessern. Bei den Seitenwagen gewannen mit enormem Vorsprung, wie erwartet, Klaffenböck/Parzer.

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Auch wenn ich

in den letzten Tagen mehrmals gemeint hatte, ich sollte das Motorradfahren sein lassen, musste ich die BMW wieder nach Wien bringen. Zu Hause war ich wieder geheilt, die angedachte Abstinenz schon besiegt, bevor sie ausgelebt werden konnte.

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Unterwegs

merkte ich, dass ich es doch nicht sein lassen konnte, brannte noch schnell einen Gebückten auf seiner 600er CBR her, während ich mit dem Bordcomputer spielte und mich fragte, wie der Herr Fidler den Testbericht der K 1200 GT nächste Woche wohl anlegen würde. (Text&Fotos: Guido Gluschitsch, derStandard.at, 11.4.2006)

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Bergrennen.at
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