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Foto: DPA/Gerten
Als Folge mehrerer Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofes (C-208/00 vom 5. 11. 2002 - "Überseering BV"; C-167/01 vom 30. 9. 2003 - "Inspire Art") können Unternehmer aus allen EU-Staaten in Großbritannien eine Limited - eine britische Gesellschaft mit beschränkter Haftung - gründen und damit ausschließlich in ihrem eigenen Land tätig werden. In Österreich firmiert eine solche Limited unter ihrer ins Firmenbuch eingetragenen Zweigniederlassung und hat hier ihren tatsächlichen Hauptsitz.

In Deutschland soll bereits jede vierte neu gegründete Gesellschaft eine Limited sein, sagen deutsche Gründungsagenturen, die eine kostengünstige und rasche Abwicklung der Gründung vor Ort anbieten. Auch in Österreich wächst das Interesse an dieser Alternative zur GmbH. Ob dieser Wettbewerb der Rechtsformen automatisch zu einem "Race to the Bottom" führt, bleibt allerdings abzuwarten.

Die Gründung einer Limited ist dank geringer Formerfordernisse - es genügt einfache Schriftform - verhältnismäßig unkompliziert. Attraktiv für Unternehmensgründer ist vor allem das niedrige Stammkapital der Limited - ein Pfund statt 35.000 Euro bei der österreichischen GmbH. Eine deutsche Initiative, diesen Startvorteil durch Herabsetzung des Mindestkapitals bei der deutschen GmbH von derzeit 25.000 auf 10.000 Euro abzuschwächen, ist vorerst gescheitert.

Das englische Gesellschaftsrecht sieht weiters keinen Aufsichtsrat vor. Diese Aufgaben können - zumindest teilweise - von "non-executive directors" wahrgenommen werden.

Fraglich ist, ob die Limited auch mittel- bis langfristig die erwünschten Vorteile mit sich bringt; denn für eine entsprechende Kapitalausstattung der Gesellschaft muss ohnehin Sorge getragen werden. Oft ist eine individuelle Ausgestaltung des Gesellschaftsvertrags gewünscht, die über die von Gründungsagenturen angebotene Standardgründung hinausgeht. Auch die englischen Buchführungs- und Offenlegungspflichten werden vielfach unterschätzt.

Die Rechte und Pflichten der Gesellschafter und des Geschäftsführers richten sich nach englischem (Gesellschafts-)Recht, sodass auch Streitigkeiten unter dessen Anwendung - allenfalls vor englischen Gerichten - auszutragen wären.

Zwingende öffentlich rechtliche Bestimmungen des österreichischen Rechts wie die Haftung des Geschäftsführers für Steuer- oder Sozialversicherungsrückstände können hingegen nicht umgangen werden. Schließlich fällt die Insolvenz einer hauptsächlich in Österreich tätigen Limited auch in die Zuständigkeit inländischer Gerichte. Ein insolvenzrechtliches "forum shopping" scheidet daher weitgehend aus.

Kritisch wird die Limited oft unter dem Gesichtspunkt des Gläubigerschutzes gesehen: Tatsächlich sind die Grundsätze der Kapitalaufbringung und Kapitalerhaltung tendenziell schwächer ausgeprägt als bei der GmbH. Neben dem niedrigen Mindestkapital sieht das englische Recht beispielsweise keine unabhängige Prüfung der Werthaltigkeit des eingelegten Vermögens bei Sachgründungen vor.

Die Veräußerung von Vermögensgegenständen auf Gesellschafter zu Buchwerten wird überwiegend als zulässig erachtet. Nicht abschließend geklärt ist, ob in der Höhe der Differenz zum Verkehrswert eine (an sich zulässige) Gewinnausschüttung zu sehen ist. Eine unzulässige Einlagenrückgewähr liegt nur dann vor, wenn die Gesellschaft vor oder aufgrund der Übertragung "under value" über keinen ausschüttbaren Gewinn verfügt. Schließlich ist auch die Anwendung des österreichischen Eigenkapitalersatz-Gesetzes auf Kredite, die der Limited in der Krise gewährt wurden, fraglich.

Das allein macht die Limited noch nicht zu einer unsicheren Rechtsform; ebenso ist es fraglich, ob sie in der Praxis tatsächlich billiger ist. (Lukas Schenk, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 11.4.2006)