Manchmal ist das Weiche die echte Härte - das Kautschukarmband der Rado "V10K" ist so ein Fall. Weich schmiegt es sich ums Handgelenk, ein idealer Puffer zur kalten Glätte von Uhren, die die Aura des Extraterrestrischen umgibt. Und in der Tat: Vom Jupiter aus - aber via Lengnau, Kanton Bern - erreicht so manches Rado-Gehäuse den Planeten Erde. Oder genauer gesagt: über Laborbedingungen, in denen die Atmosphäre des Jupiters nachempfunden wird. Wer dort, auf dem fernen Stern, gelegentlich ein wenig gärtnert, weiß über die Vorzüge des Jupiter-Klimas Bescheid: Besonders üppig wuchern etwa nanokristalline Diamanten - jene "Haut", die die Einzelkomponenten der "V10K" überzieht und die in Beschichtungsapparaten zur homogenen Oberfläche zusammenwächst. Der hauseigene "Jupiter" der Firma Rado: ein galaktischer Brutkasten für Uhren, wenn man so will.
Lohnender Umweg übers All
Der riesige Umweg übers All - beziehungsweise der klitzekleine Schritt in die submolekular verschachtelte Welt der Nanotechnologie - lohnt sich für den Schweizer Hersteller allemal. Denn nur so konnte das erklärte Rado-Ziel, nämlich einmal mehr die härteste Uhr der Welt zu schaffen, auch zuletzt erfolgreich umgesetzt werden. Das verrät freilich auch die Modellbezeichnung selbst. "V10K" verweist auf den Härtegrad 10.000 der Vickers-Skala. Und das ist zunächst die gute Nachricht für Träger der echt harten Uhr: Bloß die Diamantenringe und -colliers im Nachbareck der Schmuckschatulle könnten das Hightech-Ding zerkratzen, alles Übrige ist weicher und scheitert kläglich. Hart ist aber auch die formale Gerade, mit der das typische Rado-Design hier zuschlägt. Keine Rundung stört beim Modell "V10K" die direkte Linie, auch von abstehenden Kronen wollte man nichts wissen. Die Zeit wird an der in Titan ausgeführten Gehäuseunterseite eingestellt. Umso - nein, nicht mutiger, sondern - klüger der Griff zum sanften Kautschuk. Das Schmuseband fürs Handgelenk unterstreicht über den Umweg des Kontrastes die Ultrahärte - und also auch die Kernkompetenz der auffälligen Schweizer Marke.
Erfolgsgeschichte
"Eine kratzfeste Erfolgsgeschichte", übertitelt man bei Rado die für Nobelmarken der Uhrenbranche doch recht kurze Historie der Firma, die zugleich ein Lehrbeispiel für die Positionierung eines Labels in einem heftig umkämpften Wirtschaftsumfeld darstellt. Der "harte Weg" vollzog sich dabei in Etappen und anfänglich wohl ohne jenen ausgeklügelten Masterplan, den man angesichts der optischen, materialtechnologischen und strategischen Einheit des Markenauftritts von Anfang an hinter Rado vermuten mochte. 1957, als das Unternehmen nach vierzig Jahren als Zulieferer von Uhrwerken die erste Rado-Kollektion lancierte, mag vor allem der technoid anmutende Markenname auf die anstehende Hightech-Positionierung verwiesen haben. Den eigentlichen Grundstein für die außergewöhnliche Erfolgsgeschichte legte Rado erst 1962 mit der ersten wirklich kratzfesten Uhr aus Hartmetall - der in Sammlerkreisen legendären ovalen "DiaStar".
Spezialisierung Mitte der 80er
Die endgültigen Weichen wurden trotzdem erst Mitte der Achtzigerjahre gestellt, als der Mutterkonzern Swatch Group verstärkt auf die reichhaltige Erfahrung hinsichtlich forcierter Werkstoffentwicklung setzte und sich Rado ausschließlich auf Uhren mit extrem harten Gehäusen spezialisierte. Anzunehmen, dass diese Entscheidung des Managements im guten Wissen einer unmittelbar bevorstehenden materialtechnologischen Innovation getroffen wurde. Denn nur wenig später machte Rado als erster Uhrenhersteller mit Hightech-Keramikwerkstoffen von sich reden, einem Material, das andernorts als Hitzeschild für Spaceshuttles dient. Das am stärksten das Markenbild prägende Erfolgsmodell "Ceramica" schaffte es gar zum Uhrendesignleitfossil der wirtschaftlich noch ungeknickten frühen Neunzigerjahre.
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