Die österreichische Präsidentschaft begann Anfang 2006 in einer problematischen Phase. Die BürgerInnen hätten ihr Vertrauen verloren, die EU sei in der Krise, hieß es.

Auf Basis dieser Ausgangslage wollte man die Erwartungen scheinbar nicht zu hoch schrauben, nahm sich vor, vor allem eine bessere Athmosphäre schaffen. "Die österreichische Präsidentschaft hat es von Anfang an verstanden, die Erwartungen zu senken", analysiert zum Beispiel Marco Incerti vom "Centre for European Policy Studies".

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Der finnische Präsident Matti Vanhanen - Finnland hat als nächstes den Vorsitz inne - kam ganz schön ins Schwitzen, als Mitte März der finnische Oppositionspolitker Jari Vilen die österreichische Präsidentschaft ähnlich kritisierte.

Er warf dem österreichischen Vorsitz vor, allzu lahm zu agieren und Finnland die ganze Arbeit zu hinterlassen. Vanhanen betonte, dass dies eine Einzelmeinung sei, Schüssel nahm es nicht persönlich.

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Kleine Einigungen prägten bisher die Präsidentschaft: Im Streit über die reduzierten Mehrwertsteuersätze für arbeitsintensive Dienstleistungen hat die österreichische EU-Ratspräsidentschaft beispielsweise nach langen Dikussionen eine Einigung erzielt.

Lobend erwähnen internationale Kommentatoren auch die Verständigung auf eine gemeinsame Energiepolitik oder die Beilegung des Streites über die Öffnung der Dienstleistungsmärkte.

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Ob dabei schon von einem "historischen Durchbruch" gesprochen werden kann, wie Manuel Barrosos die Ergebnisse der Frühjahrsgipfel kommentierte, bezweifeln die meisten Beobachter. In Brüssel fällt die Zwischenbilanz nicht ganz unkritisch aus. Die Kommission und die Österreicher würden "schlafen", die EU sei "steuerlos", schreibt die langjährige EU-Korrespondentin Shada Islam im Magazin "The Bulletin".

Manuel Barroso mit EU-Skimütze in Lech am Arlberg

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Außenpolitisch begann die Präsidentschaft turbulenter und Ministerin Plassnik brachte bisher schon etliche Flugmeilen hinter sich. Neben dem Gastreit zwischen der EU und der Ukraine waren der Karikaturen-Streit, die Beteiligung der Hamas an der palästinensischen Regierung oder der Atomstreit mit dem Iran große Herausforderungen.

Beim Karikaturen-Streit musste sich die Präsidentschaft den Vorwurf gefallen lassen, viel zu spät reagiert zu haben. Insgesamt verhielt man sich zurückhaltend.

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Was die Erweiterung der EU betrifft wird trotz ungeklärter Erweiterungsstrategie Kurs gehalten. Die Balkan-Staaten erhielten erneut ein Beitrittsversprechen, obwohl viele nach einem "dritten Weg", einer Lightversion der Beitrittsmöglichkeit, rufen.

Ein Ultimatum wurde Serbien von der EU gestellt: Ex-General Mladic soll bis spätestens 5. April ausgeliefert werden, sonst würden die Verhandlungen über das Stabilisierungs- und Assoziierungsabkommen (SAA) unterbrochen.

Beim nächsten Gipfel muss die EU auch über das Beitrittsdatum von Rumänien und Bulgarien entscheiden.

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Zu den größten Brocken der zweiten Präsidentschafts-Halbzeit werden die bevorstehende Debatte über den weiteren Kurs in Sachen Verfassung und das Thema der EU-Finanzen gezählt. Diplomatisch könnte man mit US-Präsident Bush den hochrangigsten Staatsbesuch empfangen, bestätigt wurde der Besuch allerdings noch nicht.

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