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Mit dem halb erzwungenen Rückzug von ÖGB-Präsident Fritz Verzetnitsch kommt auf den Gewerkschaftsbund eine wesentliche Frage zu - wählt man einen charismatischen Vorsitzenden einer Einzelgewerkschaft an die Spitze oder entscheidet man sich wie vor 19 Jahren im Fall Verzetnitsch auf einen Kompromisskandidaten ohne echte Hausmacht, mit dem alle leben können?

foto: apa/epa/Robert Jaeger

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Wilhelm Haberzettl (50)

Der streitbare Eisenbahner hat sich gewerkschaftsintern mit seinem Frontalkurs gegen die Regierung und seiner Eigenschaft, die Dinge offen und direkt anzusprechen, einen guten Namen gemacht. "Dann steht die Bahn", sagt er, wenn es hart auf hart geht. Er ist ein Mann der Tat.

Dass er solche Drohungen ernst meint, hat er mit einem großen Streik im Jahr 2003 schon bewiesen. Haberzettl steht mehr als 90.000 Eisenbahnern vor, die mit Hotel/Gastgewerbe und Handel/ Transport/Verkehr fusionieren werden. Mit 170.000 Mitgliedern wäre das dann der viertgrößte Gewerkschaftsblock im ÖGB. Haberzettl ist seit 1997 Chef der Eisenbahner-Gewerkschaft, bei der Eisenbahn ist er bereits seit seinem 17. Lebensjahr. Am Dienstag stellte Haberzettl jedoch klar, dass die Nachfolge für ihn "im Augenblick nicht relevant" sei. (völ/APA)

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Franz Bittner (53)

Der gelernte Lithograf ist Vorsitzender einer relativ kleinen Teilgewerkschaft, jener für Druck, Journalismus und Papier mit insgesamt etwas mehr als 17.000 Mitgliedern. Im Herbst 2006 steht die Fusion mit der wesentlich größeren Gewerkschaft der Privatangestellten an, dann gäbe es auch einen Chef zu viel.

Entweder wird Wolfgang Katzian von den Privatangestellten ÖGB-Chef, und Bittner übernimmt die Teilgewerkschaft, oder Bittner selbst kommt zu höheren Weihen.

Bittner ist jetzt schon Multifunktionär: Seit 1997 ist er Obmann der Wiener Gebietskrankenkasse, seit 2005 auch Vorsitzender der Trägerkonferenz im Hauptverband der Sozialversicherungen. Im ÖGB-Präsidium ist er - derzeit noch - nicht. (völ)

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Außenseiter im Ränkespiel ist Rudolf Hundstorfer (54). Der Interimspräsident und Vorsitzende im Wiener Gemeinderat übernimmt auf ausdrücklichen Wunsch von Verzetnitsch interimistisch den Präsidenten-Posten. Hundstorfer gilt als ausgleichend und ist in der Gewerkschaft beliebt, wie sein Top-Ergebnis bei der Präsidiumswahl am letzten Gewerkschaftstag bewiesen hat. Allerdings halten ihn viele im ÖGB nicht für ein Zukunftssignal. Eine Kandidatur für den Präsidentenposten hat er vorerst nicht ausgeschlossen.

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Wolfgang Katzian (49)

Der Vorsitzende der Gewerkschaft der Privatangestellten (GPA) lässt seit Amtsantritt im April 2005 keinen Zweifel daran, dass er sich und seine Organisation mit 293.000 Mitgliedern für am zukunftsträchtigsten innerhalb des ÖGB hält.

Dazu passt, dass die GPA erst vor Kurzem in ihre neue Zentrale in Wien-Erdberg gezogen ist und ihren Machtbereich weiter ausbaut, zuletzt durch die Fusion mit der Druckergewerkschaft. Katzian tritt nach außen zwar weniger klassenkämpferisch auf als sein Vorgänger Hans Sallmutter, gilt aber dennoch als harter Machtpolitiker mit besten Kontakten zur derzeitigen SPÖ-Spitze. Er wird Verzetnitsch auf dessen Mandat im Parlament nachfolgen - eine Rochade mit Symbolwert. (tó)

foto: apa/pfarrhofer

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Praktisch ausgeschlossen ist, dass der mächtigste Gewerkschafter, Metaller-Chef Rudolf Nürnberger (60), den Posten übernimmt. Ganz im Gegenteil wird darüber spekuliert, dass er nach der vollzogenen Fusion seiner Metaller mit der Gewerkschaft Agrar-Nahrung-Genuss noch vor dem Sommer und damit ein Jahr früher als geplant freiwillig zumindest das Amt als Vorsitzender der sozialdemokratischen Gewerkschafter zurücklegt. Nürnberger gilt als amtsmüde, trotzdem ist es derzeit wahrscheinlicher, dass er noch bis zum ordentlichen ÖGB-Bundeskongress 2007 auf seine Pension wartet.

foto: apa/jaeger