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derStandard.at: Das neue Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz besagt, dass eine Niederlassung nur aus dem Herkunftsland/Ausland beantragt werden kann. Was ist, wenn den Personen, die Niederlassung beantragen, in ihrem Herkunftsland Gefahr droht?

Bürstmayr: Anträge auf Erteilung eines Aufenthaltstitels können, wenn der Fremde mit eiem Österreicher verheiratet ist und noch keinen anderen Aufenthaltstitel hat, generell nur mehr im Ausland gestellt werden.

derStandard.at: Auch wenn er in seinem Asylantrag angegeben hat, verfolgt zu werden?

Bürstmayr: Ja. Dann haben wir natürlich ein Problem. Dann stellt sich zunächst die Frage, ob er nach dem Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz überhaupt einen Aufenthaltstitel bekommt, oder ob sein vorläufiges Aufenthaltsrecht nach dem Asylgesetz dem nicht entgegensteht. Wenn er allerdings im Asylverfahren keine vorläufiges Aufenthaltsrecht mehr hat – zum Beispiel weil eine endgültige Entscheidung getroffen wurde – er aber trotzdem nicht in seinen Heimatstaat zurückkehren kann, dann müsste er allenfalls versuchen, in einem anderen Staat einen Wohnsitz zu begründen, und selbst das ist bei der derzeitigen Gesetzeslage wahnsinnig schwer.

derStandard.at: Ehepartner von EWR-BürgerInnen, also sg. Drittstaatenangehörige, haben sehr wohl das Recht, im Land den Niederlassungsantrag zu stellen. Eine Ungleichbehandlung, die früher oder später vor dem Verfassungsgerichtshof landet?

Bürstmayr: Ja. Man nennt das Inländerdiskriminierung, soweit das die österreichischen Ehepartner betrifft, bzw. Diskriminierung der Ausländer untereinander. Wäre zum Beispiel die chinesische Ehefrau, deren Fall derzeit durch die Medien geht, mit einem Deutschen verheiratet, darf sie ohne weiteres in Österreich einen Antrag stellen und wird nicht abgeschoben. Das ist nach dem Dafürhalten vieler Fachleute verfassungswidrig. Interessant ist auch, dass die verschärfte Variante laut Gesetz auch nur für jene Österreicher gilt, die von ihrem "Recht auf Freizügigkeit" nicht Gebrauch gemacht haben. Was das genau heißt? Vielleicht reicht es ja auch schon, ein einmonatiges Praktikum in Deutschland gemacht zu haben oder in Italien auf Urlaub gewesen zu sein?

derStandard.at: Welches politische Kalkül steckt hier dahinter?

Bürstmayr: Ich persönlich bin der Meinung, dass hier sehenden Auges eine verfassungswidrige Bestimmung beschlossen wurde, mit dem Kalkül, politisch davon zu profitieren. Man zeigt Härte gegenüber Scheinehen und gegenüber Ausländern, vor dem Verfassungsgerichtshof landet das Thema frühestens nach eineinhalb Jahren.

derStandard.at: Wieso gibt es keinerlei Übergangsfristen?

Bürstmayr: Man hat das Ministerium mehrfach auf diese Problematik hingewiesen worden, es wurde jedoch nichts geändert. Das ist ein Unding. Einer Gruppe von Menschen ist es passiert, dass ihre Rechtsposition über Nacht massiv verschlechtert wurde, ohne dass sie eine Möglichkeit hatten, darauf einzuwirken. Kennzeichnend für die derzeitige Situation ist auch, dass wir derzeit keine Behörde haben, die eine verbindliche Rechtsauskunft geben kann. Behördenvertreter klagen darüber, dass sie auch aus dem Ministerium sich völlig widersprechende Rechtsauskünfte bekommen. Es war völlig klar, dass es intensive Vorbereitungen braucht, wenn das gesamte Fremdenpakt neu aufgesetzt wird. Die hat auf keiner Ebene stattgefunden.

derStandard.at: Internationale Ehen werden anscheinend prinzipiell unter Generalverdacht gestellt. Wie wird überprüft, ob es sich um eine "richtige" Ehe handelt?

Bürstmayr: Es gibt tatsächlich etliche Bestimmungen im neuen Fremdenrecht, aus denen sich der Generalverdacht herauslesen lässt. Eine offensichtliche Scheinehe ist natürlich trotzdem nicht ganz unüberprüfbar. Beamte machen Kontrollen in den Haushalten, wenn sich dann zum Beispiel herausstellt, dass die Ehefrau ihren Mann seit Monaten nicht gesehen hat oder dessen Vornamen nicht weiß, ist das natürlich eine klare Sache. Kriminalbeamten schauen sich sehr wohl auch in der Wohnung um, was unter der Bettdecke passiert, geht sie allerdings nichts an. Das ist kein österreichisches Spezifikum. Aber es gibt genug Ehen, die aus rein wirtschaftlichen Erwägungen geschlossen werden, für Fremde ist das allerdings nicht zulässig.

derStandard.at: Wieso wird dem Mann der betroffenen Chinesin die Abschiebung verrechnet?

Bürstmayr: Das wirkt für einen Laien fast schon makaber, aber es ist üblich. Der Ehepartner kann allerdings nur dann in die Pflicht genommen werden, wenn er eine Verpflichtungserklärung unterschrieben hat, was er tun muss, will der ausländische Partner einen Aufenthaltstitel erlangen. Gibt es diese Verpflichtungserklärung nicht, richtet sich diese Forderung an den Fremden selbst, wobei der Bescheid natürlich nicht zugestellt werden kann, solange die Person im Ausland ist. Allerdings ist das wiederum eine zusätzliche Hürde für die Wiedereinreise nach Österreich. Was auch passiert: haben Schubhäftlinge Bargeldbeträge bei sich, werden die eingezogen.