In der UNO-City in Wien verteidigten amerikanische Staatssekretäre vor Vertretern der Nuclear Suppliers Group, einer Staatengruppe zur Kontrolle von Nuklearexporten, das umstrittene Atomabkommen mit Indien.

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Wien/Washington - Hochrangige US-Regierungsvertreter haben bei einem Treffen mit Mitgliedstaaten der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEO) in Wien für eine Unterstützung des Nuklearabkommens zwischen den USA und Indien geworben, ohne aber alle Zweifel an Zeitpunkt und Folgen dieses Vertrags ausräumen zu können. Gegen das Abkommen, das der amerikanische Präsident George W. Bush bei seinem jüngsten Besuch in Indien endgültig abschloss, wurden innerhalb des US-Kongresses, aber auch international Einwände erhoben.

Kritisiert wird vor allem, dass dieses Abkommen Indien für die Entwicklung von Atomwaffen "belohne" und den Atomwaffensperrvertrag von 1968, dem Indien nicht beigetreten war, unterhöhle. Nordkorea und der Iran würden dadurch nur ermuntert, Atomwaffen herzustellen.

Die US-Staatssekretäre Richard Boucher und Stephen Rademaker wiesen dies in Wien zurück. "Wir glauben, dass Indiens Einbeziehung das Regelwerk des Nichtverbreitungsvertrags stärkt", sagte Rademacher. Es sei keine perfekte Lösung, aber eine Lösung, die sich nach den realen Gegebenheiten richte, räumte Boucher ein. 80 bis 90 Prozent der indischen Nuklearanlagen würden am Ende unter Aufsicht der IAEO stehen.

Washington garantiert Neu-Delhi technische Unterstützung bei der zivilen Nutzung der Atomenergie - insbesondere den Bau von Atomkraftwerken und die Lieferung von Brennstoff. Indien verpflichtete sich im Gegenzug, zivile von militärischen Anlagen zu trennen und Auflagen zur Kontrolle von Exporten nukleartechnisch sensibler Güter zu erfüllen. Damit beschäftigt sich die Nuclear Suppliers Group (NSG), ein Bund von derzeit 45 Staaten, die auch der IAEO angehören und nun Mittwoch und Donnerstag in Wien tagten.

Die NSG, die 1974 nach dem ersten Atomtestversuch Indiens gegründet wurde, um der Weiterverbreitung von Nuklearwaffen vorzubeugen, arbeitet auf Konsensbasis und wird erst bei ihrer Plenarsitzung im Juni eine Entscheidung über das bilaterale US-Indien-Abkommen fällen. Befürchtungen, Pakistan werde sich nun wieder China annähern, wies Boucher als "rein spekulativ" zurück. (mab/DER STANDARD, Printausgabe, 24.3.2006)