Nam June Paik, "Video-Synthesizer", 1969/92

Foto: Kunsthalle Bremen
Bremen - Die Kunsthalle Bremen ermöglicht eine Begegnung mit den Anfängen der Medienkunst. In der Ausstellung "Videokunst der 60er Jahre in Deutschland" sind ab Samstag (25.3) Werke von sieben Künstlern zu sehen, darunter die Monitorskulpturen des Koreaners Nam June Paik und ein mit Filz verklebter Fernseher von Joseph Beuys. Zeitgleich stellen vier weitere Museen in Düsseldorf, Karlsruhe, München und Leipzig "40jahrevideokunst.de" aus.

27 Stunden Videomaterial

Nach Angaben von Initiator Wulf Herzogenrath ist das bis 21. Mai gezeigte Gemeinschaftsprojekt deutschlandweit einmalig. Im Zentrum aller fünf Ausstellungen steht ein digitales Archiv. An Computerstationen können Besucher die Arbeiten von 59 ausgewählten Künstlern abrufen. Wer alle Videos ansehen will, braucht viel Zeit: alles in allem 27 Stunden.

"Videokunst ist das ganzheitlichste Medium"

Herzogenrath hat das von der Bundeskulturstiftung unterstützte Ausstellungsprojekt in den fünf Museen angeschoben. "Videokunst ist das ganzheitlichste Medium, weil es mit Bild, Ton und Bewegung arbeitet. Es kommt unserer visuellen Gesellschaft entgegen", sagte der Kunsthistoriker. Ziel seines Ausstellungsprojektes sei es, dieses digitale Erbe wissenschaftlich aufzuarbeiten, zu restaurieren und vor allem über DVDs einer großen Öffentlichkeit zugänglich zu machen.

Posthume Ehrung Nam June Paiks

In den abgedunkelten Räumen der Kunsthalle Bremen kommt die bewegte elektronische Kunst eindrucksvoll zur Geltung. Sie reicht von verkanteten Fernsehapparaten bis zu verfremdeten TV-Bildern. Die Monitore von Paiks "Videosynthesizer" zeigen über einem meterhohen Techniksockel manipulierte Farben und Formen. Für Paik war diese Art der Malerei auf der Bildschirm-Leinwand vergleichbar mit Leonardo, Picasso und Renoir.

Der am 29. Jänner in Miami verstorbene Videokünstler Paik wird am Samstag in der Kunsthalle Bremen geehrt. Zu der Hommage werden die Witwe und der Neffe des Künstlers erwartet. Paik gilt als Vater der Videokunst.

Kritische Blicke auf das Medium TV in den 60ern

Die Ausstellung zeigt, wie kritisch viele Künstler in den 60er Jahren die TV-Welt gesehen haben. Wolf Vostell hatte ein Damastlaken mit dem Foto des damaligen "Tagesschau"-Chefsprechers Karl-Heinz Köpke versehen. Der Betrachter sollte es jeden Abend zur Nachrichtenzeit über den Fernseher legen und den Ton abstellen: das Ende der Nachrichtenflut. In Beuys' TV-Gerät versinkt die visuelle Botschaft hinter einer Filzplatte. Karl Gerstner hat vor dem bewegten Fernsehbild Plexiglasscheiben befestigt, mal quadratisch, mal spiralförmig - die perfekte Verwandlung ein und desselben Bildes. "In Bremen zeigen wir die sieben Heroen der 60er Jahre. Hier atmet man die Aufbruchszeit", sagte Kunsthallen-Direktor Herzogenrath am Donnerstag. (APA/dpa)