Paris - Mit einem neuen landesweiten Protesttag suchen die französischen Studenten und Schüler an diesem Donnerstag die "totale Kraftprobe" mit Premierminister Dominique de Villepin im Streit um seine Arbeitsrechtsreform. Angesichts verhärteter Fronten kursierten in Paris Gerüchte über eine mögliche Ablösung Villepins im April nach zehn Monaten Amtszeit. "Wenn sich nichts bewegt, wird der Premierminister fliegen", sagte ein Mitglied der Regierung anonym der Zeitung "Le Parisien" (Donnerstag). Als Nachfolgerin soll Verteidigungsministerin Michèle Alliot-Marie bereit stehen.

Der Senator der Regierungspartei UMP Gérard Longuet erklärte der Zeitung "Le Figaro", nun beginne für Villepin "die Woche aller Gefahren". Der Premierminister werde die Streiks am kommenden Dienstag und die zwei Tage darauf folgende Entscheidung des Verfassungsrates zur Reform abwarten, um seinen endgültigen Kurs festzulegen. Die Reform stamme "nicht aus dem Karton der UMP", fügte Longuet hinzu, der dem UMP-Chef und Villepin-Rivalen Innenminister Nicolas Sarkozy nahe steht.

Villepin bleibt hart

Villepin hatte am Dienstagabend jede "Kapitulation vor den Gewerkschaften" abgelehnt und erklärt, er werde seine Reform weder zurücknehmen noch aussetzen oder "entstellen". Nach einem Gespräch mit Präsident Jacques Chirac bot er am Mittwoch den Gewerkschaften "Gespräche ohne Vorbehalte" an, ohne das Gesetz in Frage zu stellen. Der Unternehmerverband MEDEF rief die Gewerkschaften zu Gesprächen über alle mit dem Wandel der Wirtschaft verbundenen Unsicherheiten im Arbeitsleben auf. Frankreich dürfe "nicht länger von so schmerzhaften Krisen erschüttert" werden, sagte MEDEF-Chefin Laurence Parisot.

Am 16. März waren eine halbe bis eine Million Schüler und Studenten gegen die Reform auf die Straße gegangen, die jungen Berufsanfängern zwei Jahre lang jeden Kündigungsschutz verwehrt. Die meisten Hoschschulen werden seit Wochen bestreikt. Dabei mehren sich die Schäden. So wurde der Computerraum der Sozialwissenschaftlichen Hochschule EHESS in Paris geplündert. Der Präsident der Konferenz der Universitätsleiter, Yannick Vallée, erklärte, solche Proteste habe es "an den Universitäten seit Mai 1968 nicht mehr gegeben". (APA/dpa)