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Fazit: Gute Weine - aber auch wenn's außen draufsteht, ist nicht immer "Toskana" drinnen.

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Chianti Classico, Vino Nobile di Montepulciano und Brunello di Montalcino sind die alteingesessenen Wein-Stars der Toskana, die es - so ein Weinjahr ein besonders gutes ist - auch als länger gelagerte "Riserva" gibt. Bei Vino Nobile und Brunello kommen noch "kleine Brüder" hinzu, Rosso di Montepulciano respektive di Montalcino, die höhere Ertragsgrenzen haben und kürzer gelagert werden, bevor sie auf den Markt kommen. Bei manchen Produzenten profitieren diese Weine in schwächeren Jahren davon, dass die Trauben, die üblicherweise in den Topwein gehen, in die Qualitätsstufe darunter kommen.

Sangiovese, der eine lange Vegetationsperiode braucht, um schön auszureifen, ist dabei die Rebsorte, um die sich alles dreht. Sie zählt zu den härteren Burschen, die sich vor allem mit Zeit und/oder durch die Beigabe von anderen Rebsorten (in der Historie auch weißen) die Hörner abstoßen. Aus Versuchen mit internationalen Rebsorten und aus der Idee heraus, rascher zugängliche Weine zu produzieren, die natürlich auch leichter vermarktbar sein sollten, entstanden in den Siebzigerjahren die "Super Tuscans", die aufgrund ihrer Rebsorten und ihrer Vinifikation in kleinen Eichenfässern (Barriques) nicht unter die reine Lehre der DOCG-Richtlinien fielen. Sie wurden als "Tafelweine" (heute IGT Indicazione geografica tipica) verkauft - eine Bezeichnung, die eigentlich für einfache Landweine gedacht war - und kosteten dennoch ein Schweinegeld. Sie verpassten der Toskana aber auch einen Entwicklungsschub, nachdem der Ruf ihrer Weine durch mangelnde Sorgfalt und Qualität ziemlich gelitten hatte.

Durchwegs ansprechendes Qualitätsniveau

Generell war das Qualitätsniveau der Ende Februar präsentierten Jahrgänge Chianti Classico 2004, Vino Nobile 2003 und Brunello di Montalcino 2001 durchwegs ansprechend. Aber vor allem bei Chianti und bei Brunello, der laut DOCG aus 100 Prozent Sangiovese besteht, kam nur in wenigen Weinen klare Rebsortencharakteristik und "Toskana" zum Ausdruck, was der Kick sein kann, der einen Spitzenwein aus der Masse der guten Weine - "woher auch immer" - heraushebt. Der Jahrgang 2004 des Chianti Classico ist ausgesprochen elegant, angenehm fruchtig mit typischer, feiner Säure, welche vielen Weinen eine schöne Frische verleiht, während der Vino Nobile des extrem heißen Jahres 2003 nicht ganz so prachtvoll ausgefallen ist. Sehr gute Qualität gab es beim Brunello, der aus dem ausgezeichneten 2001er-Jahrgang stammt.

Heute erinnert man sich sowohl auf Konsortiumseite als aufseiten der Produzenten daran, dass Regionalität eine Antwort auf die weltweite Absatzkrise sein kann, welche die Toskana, so die offiziellen Zahlen, nicht getroffen haben dürfte. Regionalität ist ein Asset, vor allem, wenn es sich um hochpreisige Weine handelt: Weshalb sollte man sonst für Brunello 30 Euro und mehr hinblättern, wenn es bloß "sehr guter Wein" ist, der aber regionale Eigenständigkeit vermissen lässt?

Kaum einer der Winzer vergisst zu erwähnen, dass er "traditionell" und "regionsbezogen" arbeite. So richtig durchdrungen von dieser Idee scheinen die Erzeuger zumindest im Chianti-Classico-Gebiet noch nicht zu sein, wenn man bedenkt, dass im Konsortium bis vor Kurzem diskutiert wurde, ob der Sangiovese-Anteil in der Classico-Cuvée von derzeit 80 auf 70 Prozent gesenkt werden soll. Das Thema ist übrigens in der Zwischenzeit vom Tisch, so das Konsortium. Ab sofort ist übrigens auch das 20-jährige Schisma der Chianti-Konsortien Vergangenheit: Der schwarze Hahn auf der Banderole ist das alleinige Qualitätssiegel für Chianti Classico. (Luzia Schrampf/Der Standard/rondo/24/03/2006)