Im Grazer Straflandesgericht fand am Mittwoch der zweite Prozesstag rund um fünf Babymorde statt. Gertraud A. muss sich wegen vierfachen Mordes sowie Tötung nach der Geburt verantworten. Ihr Lebensgefährte Johannes G. ist ebenfalls wegen Mordes angeklagt. Ein überraschend aufgetauchter Zeuge brachte die Aussage des Mannes, er habe von den Geburten nichts gewusst, ins Wanken.

"Wennst ein Kind kriegst, kannst Dich schleichen"

Zunächst wurde Johannes G. (39) einvernommen. Er betonte unausgesetzt, er habe von keiner der Schwangerschaften etwas bemerkt. Nicht einmal der Milchfluss aus der Brust der Frau ließ ihn stutzig werden. "Sie hat gesagt, das liegt an den Hormonen", so seine Erklärung. Er gab allerdings zu, dass er mehrmals zu ihr gesagt hatte: "Wennst ein Kind kriegst, kannst Dich schleichen." Ansonsten habe er mit ihr eine "gute Beziehung gehabt". "Wie können Sie von einer Beziehung reden? Sie hat nur gearbeitet und den Mund gehalten", warf Staatsanwalt Johannes Winklhofer ein.

Nachbarn haben Schwangerschaft bemerkt

Beim ersten Kind von Gertraud A., dessen Leiche nicht gefunden wurde, wollen Nachbarinnen sehr wohl die Schwangerschaft bemerkt haben. "Wir hatten damals fast jeden Tag Sex, aber ich habe nichts gesehen", beharrte der Beschuldigte auf seinen Angaben. "Vielleicht haben Sie das verdrängt?", mutmaßte Richter Karl Buchgraber. "Ich hab' in meinem ganzen Leben nichts verdrängt", so der 39-Jährige.

Überrschungszeuge

Einen Knalleffekt gab es Mittwochvormittag, als Richter Karl Buchgraber die Aussage eines Überraschungszeugen ankündigte. So soll der 39-Jährige Lebensgefährte von den Schwangerschaften und den Tötungen der Säuglinge gewusst haben. Das alles hätte er während eines Spazierganges in der U-Haft einem Mithäftling erzählt. "Der lügt! Das ist alles eine Verschwörung!", sagte der Mitangeklagte.

"Der Häftling hat erzählt, dass Sie von allen vier Schwangerschaften gewusst haben, dass Sie es aber so drehen wollen, dass Sie keine Ahnung hatten, und dass Ihre Lebensgefährtin die alleinige Schuld auf sich nimmt", konfrontierte der Richter den 39-Jährigen mit der schriftlichen Aussage eines Mithäftlings. "Sie sollen sogar den Psychologen belogen haben und das alles nur, weil Sie keine Kinder wollten", so Buchgraber weiter.

"Alles gelogen"

"Ich habe nie mit jemandem darüber gesprochen", rechtfertigte sich der Beschuldigte. "Ich konnte ja gar nichts erzählen, weil ich ja gar nichts weiß. Mit solchen Mitteln wird hier also gearbeitet. Das ist die größte Lüge, die ich jemals gehört habe. Alles erstunken und erlogen", erklärte der Lebensgefährte von Gertraud A. "Ich habe das alles überprüft und sie haben mit diesem Häftling tatsächlich mehrere Spaziergänge unternommen", erklärte der Richter. Der Informant habe Details gewusst, die er eher nicht wissen konnte. Außerdem wisse der Zeuge, dass er für eine Falschaussage verurteilt werde und auch keine Haftmilderung bekomme.

"Ich sage Ihnen eines, Sie können nicht einem Häftling mehr glauben als einem unbescholtenen Bürger", erklärte Johann G. Richter Buchgraber. Mit Lügengeschichten werde versucht, alles ins falsche Licht zu rücken, dabei hab er immer nur versucht, seiner Lebensgefährtin zu helfe. "Ich sage die Wahrheit. Der Informant soll mir vor die Augen treten und das alles nochmal erzählen", forderte G. "Ich habe mit diesem Menschen nie gesprochen", entgegnete G. empört.

Der Prozess wird am Donnerstag mit den ersten Zeugeneinvernahmen fortgesetzt. (APA)