Jugendliche Lebenswelt in nüchterne Zeichnungen übersetzt: "Am Hauptplatz, im Wald" von Sophie Thorsen.

Foto: Diagonale
... welche sich nicht zuletzt an den räumlichen Beschränkungen der Erwachsenenwelt reiben.


"Mein Zimmer ist klein und dunkel, ich fühle mich hier nicht so wohl", erzählt eine junge Frau auf Tschechisch aus dem Off. Zu sehen ist dieser Raum nicht, ebenso wenig wie die Wohnung, die sie mit Leuten teilt, die sie gar nicht mag. Sie ist im Begriff wegzuziehen, ihr neues Zimmer steht noch leer, sie ist oft woanders zu Gast, hat dann aber das Gefühl, sie würde stören.

Von all diesen Orten bekommen wir nur die Fenster zu sehen und das, was ihnen gegenüberliegt: Häuser und wiederum Fenster, ganz selten ein Stück vom Himmel oder eine Straße. In "Spání místo/Schlafplatz" von Sophie Ertel findet die Schilderung der Lebenswelt einer jungen Frau ihre Entsprechung in der Beschreibung von Räumen, die eben nur Schlafplätze sind, kein Gefühl von Geborgenheit geben. Das Unbehagen, das von ihnen ausgeht, findet seine Entsprechung in der Enge des Ausblicks, die sich wiederum mit den fehlenden Perspektiven der Frau trifft.

Jung sein heißt fehl am Platz sein, auch in "Am Hauptplatz, im Wald". "Sie finden, wir sind zu viel und zu laut", erzählt ein Mädchen im Off. Die Jugendlichen, von denen die Rede ist, kommen nicht als reale Personen ins Bild, sondern in Zeichnungen, schwarz-weiß gehalten und auf Umrisse reduziert. Genauso wie die Plätze, an denen sie darauf warten, dass etwas passiert oder auch nicht, wie es heißt, wo sie eine schöne Zeit verbringen können, in Ruhe.

Die nüchternen Zeichnungen bilden in Sophie Thorsens Film einen Kontrast zur unmittelbaren Erzählung von jugendlichen Lebenswelten, die sich durch Abgrenzung von der Erwachsenenwelt und die Aneignung von öffentlichen Plätzen definieren.

Was den Jugendlichen fehlt, wird deutlich, wenn das Mädchen davon erzählt, wie sie und ihre Freunde sich die perfekte Nacht ausmalen: Alle Erwachsenen sind versteinert, die Plätze verwandeln sich in Tanzflächen, das ganze Dorf ist Schauplatz einer riesigen Party. Doch die Zeit ist knapp für die Jugendlichen und die Orte sind rar, und so beschränkt man sich in der Realität auf ein paar Stunden am Hauptplatz oder im Wald.

An verwandten Orten entfaltet sich auch die Erzählung von Sigmund Steiners "Harz": Fußballplatz und Jugendtreff sind Schauplätze für die Geschichte von der Suche eines Jungen nach der Zuneigung eines Mädchens. Bei seinen Annäherungen wirkt auch er immer ein wenig deplatziert:

Seine Bewegungen sind ungelenk, sein Timing ist falsch, wenn er redet, dann schafft er eher Missverständnisse. Doch wenn er das Mädchen am Ende wieder aus sicherer Distanz beobachtet, dann bleibt zumindest die Hoffnung, dass manchmal (und nicht nur bei Jugendlichen) auch Umwege zum Ziel führen. (DER STANDARD, Print-Ausgabe, 21.3.2006)