Wien - "Wenn man die Wunden nicht schließt, wird es immer schlimmer," sagte Gesundheitsstadträtin Renate Brauner und meint damit die "Wunden der Geschichte", die durch die NS-Zeit entstanden sind. Bei der Präsentation des Buches über Eugenik, Rassenhygiene und Euthanasie vor 1938 in Wien unter dem Titel "Vorreiter oder Vernichtung?" streicht Wolfgang Neugebauer, Leiter des Dokumentationsarchives des Widerstands (DÖW), als Mitherausgeber des Sammelbandes heraus, dass rassenhygienische Ideen schon vor dem Nazi-Einmarsch in Österreich dominant wurden und den Massenmord an Juden, Roma und geistig und körperlich Behinderten ermöglicht haben.

Davon zeuge Nobelpreisträger Julius Wagner-Jauregg, der "für die Verhütung von erblich geschädigten und für die Förderung von erblich gesundem Nachwuchs", war, schreibt Neugebauer. Die "elitäre Vorhut" in Fragen "Rassenhygiene" spielte die "Wiener Gesellschaft für Rassenpflege" an der Uni Wien.

Weitere Beiträge kommen von Herwig Czech, der sich mit der Umsetzung der "Erb-und Rassenpflege" des Wiener Gesundheitsamtes befasst. Oder Margit Berner, die ihr Augenmerk auf Forschungs-"Material" Soldaten von 1915 bis 1918 richtet.

Renate Brauner nahm die Buchpräsentation zum Anlass, einer Historikerin, welche die Geschichte der Pflegeanstalt "Am Steinhof" vor 1938 aufarbeiten wird, ein mit 6.000 Euro dotiertes Stipendium zu überreichen. (mil/DER STANDARD, Print-Ausgabe, 18./19. 3. 2006)