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Foto: APA/epa/Atef Safadi
"Wir werden uns nicht ergeben. Wir werden als Männer sterben." Unbeugsam und kämpferisch gab sich Ahmed Saadat noch am Dienstag in einem Telefonat mit dem Fernsehsender Al-Jazeera, als israelische Soldaten bereits mit dem Sturm auf das palästinensische Gefängnis in Jericho begonnen hatten. Am Ende muss es sich der Anführer der arabisch-nationalistischen Volksfront zur Befreiung Palästinas (PFLP) dann doch anders überlegt haben: Statt als Mann zu sterben, ergab er sich den israelischen Truppen.

Als Held hat sich der Mann mit dem weißen struppigen Haar, den dichten dunklen Brauen und den eng zusammenstehenden Augen, dem die Erstürmung des Gefängnisses galt, in der Vergangenheit nicht hervorgetan. Er agierte zunächst in der zweiten Reihe und war bis zu seiner Wahl zum Chef der PFLP im Sommer 2001 weit gehend unbekannt.

Ebenso wenig gilt Saadat aber als Diplomat oder ausgleichende Führungspersönlichkeit. Im Gegenteil: Dem heute 52-Jährigen haftet der Ruf eines radikalen, kompromisslosen Hardliners an, der sich seine Sporen im Straßenkampf verdiente, vor allem beim ersten Palästinenseraufstand von 1987 bis 1993. Insgesamt 14-mal wurde er wegen anti-israelischer Aktivitäten festgenommen.

Prägend für seine Laufbahn dürfte auch seine Familiengeschichte gewesen sein: Die Eltern mussten im ersten israelisch-arabischen Krieg 1948 vor den Israelis aus dem Dorf Bir Tarif bei Lod fliehen. Dort liegt heute der internationale Flughafen von Tel Aviv. Sein Bruder Mohammed wurde im August 2002 von israelischen Sondereinsatzkräften erschossen.

Als PFLP-Chef folgte er dem als gemäßigt geltenden Abu Ali Mustafa nach, der im August 2001 durch einen israelischen Hubschrauberangriff in Ramallah getötet wurde. Als Rache dafür ermordeten PFLP-Mitglieder zwei Monate später den israelischen Tourismusminister Rehavam Zeewi – dafür saßen Saadat und vier weitere PFLP-Mitglieder seit 2002 im Gefängnis in Jericho. Israel hatte auf seine Verhaftung bestanden. Saadat wird politische Mitverantwortung für das Attentat zugeschrieben.

Das Urteil eines Militärgerichts gegen ihn hatte der palästinensische Oberste Gerichtshof im Sommer 2002 aufgrund unzureichender Beweise aufgehoben – die Autonomiebehörde ignorierte es. Die Israelis stürmten am Dienstag das Gefängnis, weil sie fürchteten, er könne schließlich doch freikommen.

Seinen letzten politischen Erfolg konnte Saadat im Jänner bei den palästinensischen Parlamentswahlen verbuchen: Die PFLP erlangte drei Sitze, ihm steht einer davon zu. Wie er dieses Mandat in Zukunft nutzen kann, ist nach der jüngsten Festnahme durch die Israelis jedoch ungewiss. (DER STANDARD, Print, 16.3.2006)