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Foto: AP / Visar Kryeziu
Brüchige demokratische Institutionen, Armut und enorme Arbeitslosigkeit, außerdem Korruption, organisiertes Verbrechen und gewalttätige Ausbrüche gegen die Serben - eine Eskalation konnte der verstorbene Präsident des Kosovo, Ibrahim Rugova, trotz teilweise chaotischer Zustände jahrelang verhindern. Nach dessen Tod erwies sich der schwache Premier, Bajram Kosumi, der schwierigen Aufgaben nicht gewachsen. Ein starker Mann wurde an der Regierungsspitze gebraucht, jemand mit persönlicher Autorität, dem das Militär gehorcht und den paramilitärische Gruppen akzeptieren.

Die Wahl fiel auf Agim ¸Ceku. Dieser ehemalige Artillerieoffizier der jugoslawischen Armee kämpfte als Angehöriger der kroatischen Armee in Bosnien-Herzegowina und Kroatien gegen die Serben und brachte es bis zum General.

1999 schloss sich ¸Ceku den albanischen Untergrundkämpfern der Kosovo-Befreiungsarmee U¸CK an, die mit militärischer Gewalt gegen die serbische Vorherrschaft im Kosovo kämpften. Nach Ende des Krieges überwachte er die Entwaffnung der U¸CK als ihr letzter Kommandant.

"Nichts als die Unabhängigkeit komme für den Kosovo infrage", erklärte der 44-Jährige, nachdem er für das Amt des Premiers nominiert worden war. Denn nur die Souveränität garantiere die Stabilität der Provinz. Die Menschenrechte der serbischen Minderheit im Kosovo seien die Priorität seiner Regierung: ihre Integration, Sicherheit und Freiheit, sagte ¸Ceku, dessen Frau und zwei Söhne in Kroatien leben.

Im Kosovo ist das Verdienst ¸Cekus unumstritten. Als kroatischer Offizier wurde er von Präsident Franjo Tudjman neunmal für "Tapferkeit im Kampf gegen den serbischen Aggressor" ausgezeichnet, unter anderem für die Operation "Verbrannte Erde", als 1993 einige serbische Dörfer in Kroatien völlig vernichtet wurden. Danach wurde er mit anderen auserwählten kroatischen Offizieren von amerikanischen Militärberatern ausgebildet. Im Mai 1999 übernahm er das Kommando der U¸CK. Auch die Nato lobte sein "militärisches Geschick" und "taktisches Talent".

Für die meisten Serben ist ¸Ceku hingegen ein Kriegsverbrecher, dessen Platz im Gefängnis des UNO-Tribunals ist. Serbien ermittelt wegen des Verdachts auf Kriegsverbrechen gegen ihn. Aufgrund eines internationalen Haftbefehls wurde er in Slowenien und Ungarn festgenommen - und auf die Intervention der UNO-Verwaltung im Kosovo wieder freigelassen. Alles erlogen und politisch motiviert, wies der Berufssoldat und frisch gebackene Politiker ¸Ceku die Beschuldigungen von sich. Und gerade sein hohes Ansehen unter den Albanern könnte es ihm eher ermöglichen, dringend notwendige Zugeständnisse an die Serben im Kosovo zu machen. (DER STANDARD, Printausgabe, 13.03.2006)