Neu Delhi/Peking - Der Dalai Lama hat am Freitag eine "klare Geste" der chinesischen Führung gefordert, ob sie ernsthaft den Dialog fortsetzen will. Am Jahrestag des Volksaufstandes vom 10. März 1959 hieß es in einer Erklärung des geistlichen Oberhauptes der Tibeter aus dem indischen Exil: "Eine positive Atmosphäre kann nicht von einer Seite allein geschaffen werden."

Der Dalai Lama äußerte den Wunsch, nach China zu reisen, um buddhistische Heiligtümer zu besuchen und sich ein Bild von der Entwicklung des Landes zu machen. Die bisher von Peking immer abgeschlagene Bitte hätten seine Abgesandten im Februar in der fünften Gesprächsrunde wiederholt, die aber keine Fortschritte gezeigt hatte. Die Regierung in Peking bestätigt bisher nicht einmal diesen Dialog.

Zweifel und Misstrauen

Der Dalai Lama wiederholte, dass er keineswegs die Unabhängigkeit für sein Heimatland suche. Doch könne die Führung in Peking nicht ihre Zweifel und ihr Misstrauen über seine Absichten überwinden. Die International Campaign for Tibet Deutschland (ICT) forderte in einer Mitteilung aus Berlin, die internationale Staatengemeinschaft müsse sich "mit lauter Stimme" für Tibet und den Dalai Lama einsetzen.

Die Menschenrechtslage in Tibet sei Besorgnis erregend. Repressionen gegenüber Mönchen und Tibetern, die für Selbstbestimmung und Menschenrechte eintreten, hätten sich verschärft. "In Tibet herrscht ein Klima der Angst", sagte ICT-Geschäftsführer Kai Müller. Die chinesischen Behörden zeigten keinerlei Toleranz gegenüber politisch Andersdenkenden. "Folter ist weit verbreitet und wird systematisch angewandt." Der Dialog mit dem Dalai Lama sei für die chinesische Führung "eine historische Chance, die sie nutzen muss".

Nach dem Volksaufstand der Tibeter gegen die Chinesen war der Dalai Lama 1959 ins Exil geflüchtet. Die chinesische Volksbefreiungsarmee war 1950, ein Jahr nach der Machtübernahme der Kommunisten in Peking, in das größte Hochland der Erde einmarschiert. Tibet wurde in Teilen chinesischen Provinzen zugeschlagen und 1965 als autonome Region in die Volksrepublik China eingegliedert. (APA/dpa)