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Der EU-Außenbeauftragte Javier Solana meint, die Diskussion müsste jetzt beginnen.

Foto: APA/EPA/Bernard J. Holzner
Brüssel - Javier Solana schließt Sanktionen gegen den Iran nicht aus. Unter gewissen Bedingungen könnte die Hamas von der EU-Terrorliste gestrichen werden, sagte der EU-Außenbeauftragte zu Alexandra Föderl-Schmid.

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STANDARD: Der Atomstreit mit dem Iran ist jetzt vor dem UN- Sicherheitsrat gelandet. Erwarten Sie irgendwelche Sanktionen gegen den Iran?

Solana: Die Sache liegt jetzt beim Sicherheitsrat. Der Sicherheitsrat wird an einer präsidentiellen Erklärung arbeiten, die die Autorität der Atomenergiebehörde IAEO noch einmal bekräftigt. Die Diskussion muss jetzt beginnen.

Zu einem späteren Stadium mögen Sanktionen irgendwelcher Art nicht ausgeschlossen sein. Lass uns abwarten, was der Sicherheitsrat machen wird. Wir haben alle Optionen abzuwägen.

STANDARD: Das heißt, Sie schließen Sanktionen nicht aus?

Solana: Wir stehen erst am Anfang. Ich schließe Sanktionen nicht aus, es hängt aber davon ab, welcher Art die Sanktionen sind. Und wir wollen sicherlich nicht das iranische Volk treffen. Das wird also keine leichte Aufgabe für den Sicherheitsrat. Die politische Diskussion wird sehr wichtig sein dahingehend, welche kurzfristigen Auswirkungen wir sehen.

STANDARD: Gibt es noch immer eine Chance auf eine diplomatische Lösung?

Solana: Die Zeit für Diplomatie ist immer gegeben. Wir waren in den vergangenen Verhandlungen in Wien sehr nahe an einer Lösung. Aber am Ende war die Frage der Urananreicherung im Iran entscheidend. Wir haben wirklich über eine längere Zeit versucht mit dem Iran einen Kompromiss zu schließen, aber am Ende war das einfach nicht möglich.

STANDARD: Wie ernst zu nehmen sind die Drohungen des Iran, dass der Westen nun mit "Schmerzen und Schaden" zu rechnen habe?

Solana: Diese Art von Stellungnahmen des iranischen Präsidenten sind immer sehr flammend. Sie sind nicht auf der Linie normaler Diplomatie. Meine Sorge sind nicht solche Stellungnahmen, sondern, wie möglicherweise Reaktionen ausfallen könnten.

STANDARD: Ein anderes schwieriges Thema, das in Salzburg besprochen wird, ist die Rolle der Hamas. Die EU hat nun 121 Millionen Euro freigegeben. Wird man auch die neue Regierung mit Hamas-Beteiligung unterstützen?

Solana: Wir vertreten die Position des Nahost- Quartetts: Wir wollen die Palästinenserbehörde unterstützen, bis die neue Regierung antritt. Es gibt ein riesiges Defizit bei der Behörde, das sich noch ausweiten wird. Was wir gesagt haben war: Wir wollen das palästinensische Volk nicht im Stich lassen. Eine Sache ist aber eine Regierung mit einer Organisation, die auf der EU-Liste der Terrororganisationen aufscheint. Deshalb können wir rechtlich nicht mit ihnen kooperieren.

STANDARD: Was kann man dann tun?

Solana: Wir müssen Wege finden, wie wir das palästinensische Volk unterstützen können. Wir arbeiten mit den Mitgliedstaaten und der internationalen Gemeinschaft daran, diese zwei Sachen kompatibel zu machen. Wir wollen auch sehen, dass wir erhalten können, was uns so viele Jahre zum Aufbauen beschäftigt hat: Die Palästinenserbehörde, der Embryo eines Staats, den wir finalisieren müssen und der eines Tages existieren wird.

STANDARD: Das Nahostquartett hat der Hamas drei Bedingungen genannt: Gewaltverzicht, Anerkennung Israels und bisheriger Vereinbarungen. Wenn die Hamas diese einhält, wird sie von der Liste der EU-Terrororganisationen gestrichen?

Solana: Wenn Sie das tun, Ja. Eine Bedingung ist Gewaltverzicht, der Verzicht auf terroristische Aktivitäten. Wenn Sie darauf verzichten, dann können wir sie von der Liste nehmen und dann gibt es auch keine Beschränkungen mehr, mit ihnen zu kooperieren.

STANDARD: Russland hat Hamas-Vertreter nach Moskau eingeladen. Würden Sie auch eine Einladung nach Brüssel aussprechen?

Solana: Nein. Das können wir nicht. Die Beschränkungen, die wir haben, dadurch, dass sie auf der Liste der Terrororganisationen stehen, sind ganz klar: keine Treffen und kein Geld. Moskau hat die Hamas auf keiner Liste.

STANDARD: Sollte Israel den Palästinensern ihren Anteil aus den gemeinsamen Zolleinnahmen geben, das sie seit dem Hamas-Sieg verweigern?

Solana: Israel sollte Präsident Mahmoud Abbas das Geld geben. Denn das ist Geld, das den Palästinensern gehört.

STANDARD: Sehen Sie nach dem Verteidigungsministertreffen in Innsbruck eine Bereitschaft der EU-Staaten, die Kongo-Mission durchzuführen?

Solana: Wir wurden von der UN gefragt, Unterstützung während der Wahlperiode zu leisten. Wir haben noch keine endgültige Entscheidung getroffen. Deutschland ist eines der Länder, das seine Bereitschaft gezeigt hat, viele andere aber auch. Aber das wird keine besonders große Mission mit vielen Leuten.

STANDARD: Wie viele Soldaten sollen es sein?

Solana: Die Planungen gehen davon aus, dass eine glaubwürdige Unterstützung mit 300 bis 400 möglich ist. Diese müssen in Kinshasa eingesetzt sein. Die detaillierten Planungen müssen von den Militärs gemacht werden. (DER STANDARD, Print-Ausgabe, 10.03.2006)