Auf Paradeis-Püree aus Großbritannien prangt als Marketing-Instrument der Vermerk "GENTECHNICALLY MODIFIED TOMATOES". Hierzulande wohl eher nicht willkommen.

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Es war wie beim Eurovision-Songcontest: "Jetzt Griechenland, dann Irland." Umweltminister Josef Pröll rief der Reihe nach die EU-Staaten auf, ihre Position im Gentechnik-Streit vorzubringen. Es lief dann so ab, wie es sich die österreichische EU-Ratspräsidentschaft erhofft hatte: Die meisten brachten eine eher kritische Meinung zur Gentechnik zum Ausdruck.

Häufiger wurde auch offen Kritik an der EU-Kommission geübt: Sie gab in der Vergangenheit in der Regel, wenn sich die Mitgliedstaaten bei der Frage der Zulassung eines gentechnisch veränderten Produkts nicht auf eine qualifizierte Mehrheit dafür oder dagegen hatten einigen können, grünes Licht.

Der Wille der Mitgliedstaaten

"Mit dem Verfahren wird nicht unbedingt der Wille der Mitgliedstaaten berücksichtigt", polterte der griechische Vertreter Stavros Kolyannis. "Wir sind dafür, dass ein Organismus nur zugelassen wird, wenn die Mehrheit der Mitgliedstaaten zugestimmt hat."

Diesem Vorschlag schloss sich auch Österreich an. Damit konnten sich auch die Redner aus Luxemburg und Polen anfreunden. Auch Spanien und Italien verlangten schärfere Zulassungsregeln.

Ausreichender Schutz

Die Niederlande, Dänemark, Irland und Großbritannien hielten dagegen. "Wir sind der Ansicht, dass die Vorschriften einen ausreichenden Schutz von Mensch und Umwelt gewährleisten", meinte der Niederländer Pieter van Geel. Der Brite Elliot Morley meinte, eine Etikettierung, die es den Bürgern ermögliche zu entscheiden, ob er gentechnisch veränderte Produkte kaufen möchte oder nicht, sei ausreichend.

Dass es aber in Zukunft noch schwieriger werden dürfte, eine qualifizierte Mehrheit für ein Verbot unter den Mitgliedstaaten zustande zu bringen, zeigte sich durch die Meldung des deutschen Umweltministers Sigmar Gabriel. Der SPD-Politiker, der nicht mehr für ein rot-grünes Kabinett sondern für eine große Koalition spricht, gestand offen ein: "Zwei Seelen wohnen in unserer Brust."

Koexistenz

Die Gentechnik könne Probleme lösen, aber auch in Zukunft sehr nützlich sein. Deutschland bringt sehr viele Stimmen im Rat ein. EU-Umweltkommissar Stavros Dimas schloss nicht aus, dass noch heuer Vorschriften für eine Koexistenz – das Nebeneinander von herkömmlicher und Gentechnik-Landwirtschaft – erlassen werden.

Diskutiert wurde auch über Klimaschutzziele: ob es klare Reduktionsziele für 2020 bzw. 2050 geben soll oder nicht. Die EU-Kommission hatte Österreich vorgeworfen, gegen konkrete Vorgaben zu sein. Es geht um die Zeit nach dem Auslaufen des Kioto-Klimaschutzprotokolls 2012. (DER STANDARD, Print-Ausgabe, 10.3.2006)