Linz - Nach Aussage von Österreichs Lungenfachärzten ist in Sachen Feinstaubbelastung jetzt die Politik gefordert: So könnten pro Jahr 180 Fälle an Atemwegserkrankungen vermieden werden, wenn die Feinstaubbelastung an allen Tagen um fünf Mikrogramm pro Kubikmeter Luft reduziert würde. Schutzmaßnahmen gegen die Luftverschmutzung entsprächen nicht dem neuesten Stand der Technik, warnten die Lungenspezialisten aus Anlass einer Tagung in Linz.

Partikelfilterpflicht

"De facto gibt es keine Schwelle für die Feinstaubbelastung der Luft, unter der die Atemwege von Kindern und Älteren nicht belastet würden. Darüber müssen sich politische Entscheidungsträger im Klaren sein, wenn Grenzwerte locker gehandhabt und Ausnahmen der Partikelfilterpflicht beschlossen werden. Allein in Wien rechnen wir jährlich mit 67 zusätzlichen Fällen an Atemwegserkrankungen, die an den Tagen mit Grenzwertüberschreitung eingeliefert werden", zeigte sich Univ.-Prof. Dr. Manfred Neuberger, Leiter der Abteilung für Präventivmedizin des Instituts für Umwelthygiene der Medizin-Universität Wien, besorgt.

Würde die Feinstaubbelastung an allen Tagen um fünf Mikrogramm pro Kubikmeter Luft reduziert, wären pro Jahr 180 Fälle an Atemwegserkrankungen vermeidbar. Diese Aussage traf Neuberger am Freitag in seinem Vortrag "Feinstaub und Allgemeinbevölkerung" im Rahmen des 25. Workshops "Lunge-Umwelt-Arbeitsmedizin". Die Veranstaltung wird von der Österreichischen Gesellschaft für Pneumologie (ÖGP) und der Österreichischen Gesellschaft für Arbeitsmedizin im Krankenhaus der Elisabethinen, Linz, veranstaltet.

Betriebe modernisieren Auf Grund dieser Fakten ortet die ÖGP enormen Handlungsbedarf der Politik. "Es müssen dringend und verstärkt Maßnahmen zum Schutz vor Feinstaubpartikeln in der Luft gesetzt werden. Viele Betriebe sind diesbezüglich nicht nach dem neuesten Stand der Technik ausgerüstet und benötigen dringend eine Modernisierung", kritisiert Prim. Dr. Kurt Aigner, Leiter der Abteilung für Pneumologie am Linzer Elisabethinenspital und Mitglied des Präsidiums der ÖGP. Und: "Die Novelle des Immissionsschutzgesetzes sieht wieder Ausnahmen der Partikelfilterpflicht vor." Gehandelt würde, so Aigner, derzeit im Interesse von Unternehmen und Frächtern, anstatt im Interesse der Gesundheit. Feinstaub im Büro

Zum wiederholten Mal fordern österreichische Wissenschafter in Linz auch die Reduktion von Feinstaub in Innenräumen und an Arbeitsplätzen. "Im Zuge der Feinstaubdiskussion ist das Problem von Feinstaub in Innenräumen bisher völlig vernachlässigt worden. Hier handelt die Politik im Interesse der Arbeitgeber, das dem Schutz der Arbeitnehmer offenbar vorgeht. Veraltete Gießereien und Steinbruchbetriebe gehören unbedingt modernisiert, um die Gesundheit der Arbeitnehmer zu schützen", forderte Aigner. "Rauchen im Raum verursacht Feinstaubkonzentrationen bis zu 142 Mikrogramm pro Kubikmeter, die Belastung für Passivraucher ist enorm. Doch noch immer wird diese Tatsache vom Gesetzgeber nicht berücksichtigt, sondern im Interesse der Tabakindustrie behandelt", erklärte der Lungenspezialist.

Auswirkungen auf Kinder In Linz hat eine Studie akute Auswirkungen auf die Gesundheit von Volksschülern durch Feinstaub aufgezeigt. "Schon bei gesunden Kindern kommt es zu einer Abnahme der Lungenfunktion. Asthmakinder reagieren an Tagen mit hoher Feinstaubbelastung noch sensibler, es kommt zu einer raschen Häufung der Symptome, wie nächtliches Husten und pfeifende Atmung. Das konnten wir eindeutig feststellen", fasste Dr. Hanns Moshammer vom Institut für Umwelthygiene der Medizinischen Universität Wien die Untersuchungsergebnisse zusammen. Mehrere Studien konnten außerdem einen Anstieg von Herzinfarkten, Schlaganfällen und Thrombosen bei hohen Feinstaubkonzentrationen in der Luft nachweisen. (APA)