Frankfurt - Mit einer Zinserhöhung wirkt die Europäische Zentralbank (EZB) einer steigenden Inflation entgegen, bremst aber gleichzeitig das Wachstum. Dabei überträgt sich die Zinsänderung über verschiedene Wege auf die reale Wirtschaft. Da dies sehr langsam geht, schlägt sich eine Leitzinsanhebung wie die am Donnerstag beschlossene um 25 Basispunkte auf 2,50 Prozent erst mit einer Verzögerung von etwa einem Jahr auf Wachstum und Inflation nieder.

Das Ziel jeder Zentralbank ist es, für ein stabiles Preisniveau zu sorgen und die Inflationsrate niedrig zu halten. Die EZB will die Preissteigerungen auf Raten knapp unter zwei Prozent begrenzen. Mit dem Schlüssel- oder Leitzins gibt die Zentralbank die Kosten der Banken für die Versorgung der Wirtschaft mit Geld vor. Bei einer Zinserhöhung geben Banken die gestiegenen Kosten an ihre Kunden - Unternehmen und Verbraucher - in Form höherer Kredit- und Guthabenzinsen weiter. Kredite werden teurer und damit unattraktiver, gleichzeitig lohnt sich das Sparen wieder mehr.

Finanzierung wird teurer

Unter dem Strich investieren die Unternehmen weniger, weil die Finanzierung teurer wird. Die Bürger nehmen weniger Kredite für Konsum oder Hausbau auf und sparen mehr. Dadurch sinkt die Nachfrage nach Waren und Dienstleistungen und die Anbieter können die Preise nicht mehr so leicht erhöhen.

Eine Leitzinserhöhung kann auch auf anderen Wegen die Nachfrage und damit die Inflation dämpfen. So gewinnen Anleihen für Anleger durch eine höhere Verzinsung an Attraktivität im Vergleich zu Aktien. Die Aktienkurse sinken oder steigen langsamer. Dadurch sinkt das Vermögen der Aktienbesitzer, die deswegen ihren Konsum einschränken. Auch Unternehmen erhalten bei niedrigerem Börsenkurs schwerer Kredite.

Geldpolitik und Wechselkurs

Da eine Zinserhöhung oft mit einer Aufwertung des Euro einhergeht, wirkt die Geldpolitik auch über den Wechselkurs: Europäische Waren werden im Ausland teurer und Importe billiger - der Druck auf die Preise wird gebremst. Zudem wird die Nachfrage nach Arbeitskräften schwächer, weil sich die Absatzchancen von Unternehmen durch den schwächere Konsum verschlechtern. Auch dies dämpft die Lohnforderungen und bremst damit den Preisauftrieb.

All das bremst den Preisanstieg und belastet das Wirtschaftswachstum. Die EZB selbst verweist auf Studien, wonach das Bruttoinlandsprodukt im Euro-Raum nach einer Zinserhöhung um einen ganzen Prozentpunkt im ersten Jahr etwa 0,3 Prozent geringer ausfällt. Gleichzeitig liegen die Verbraucherpreise etwa einen Zehntelprozentpunkt niedriger. (APA/Reuters)