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Agim Ceku

foto: reuters/HAZIR REKA
Pristina - Der Präsident der abtrünnigen südserbischen Provinz Kosovo, Fatmir Sjediu, hat den General Agim Ceku als neuen Regierungschef nominiert. Er folge damit einer Abmachung zwischen den beiden Regierungsparteien LDK und AAK, heißt es in einer am Donnerstag in Pristina veröffentlichten Erklärung des Präsidenten. An einer formellen Bestätigung des 45-jährigen Ceku im Parlament wurde wegen der Mehrheit beider Parteien nicht gezweifelt.

Der hoch dekorierte General hatte zuvor seine Bereitschaft zur Übernahme des Regierungsamtes erklärt. Die Neuwahl ist notwendig geworden, nachdem der bisherige Regierungschef Bajram Kosumi am Vortag überraschend zurückgetreten war. Kosumi hatte sein Amt wegen der Unzufriedenheit seiner AAK-Partei nach nur einem Jahr zur Verfügung gestellt. Der AAK fällt nach früheren Absprachen als Juniorpartner in der Regierung das Recht zu, den Ministerpräsidenten vorzuschlagen.

Haftbefehl

Gegen Ceku werden in Belgrad schwere Vorwürfe erhoben. Die serbische Justiz stellte bereits vor vier Jahren über die Interpol einen internationalen Haftbefehl für Ceku aus. Dem Ex-Kommandanten der extremistischen albanischen "Befreiungsarmee des Kosovo" (UCK) wird Völkermord an Serben, während und nach dem Kosovo-Krieg (1998/99) vorgeworfen. In einer Anklage wird Ceku für die Ermordung von 669 Serben und 18 Angehörigen anderer nationaler Minderheiten sowie zahlreiche Terrorangriffe auf serbische Sicherheitskräfte und die nicht-albanische Zivilbevölkerung verantwortlich gemacht.

Der aus einem Dorf nahe der Westkosovo-Stadt Pec stammende einstige jugoslawische Offizier und kroatische General hat sich nach Angaben Belgrads in den frühen neunziger Jahren auch der Kriegsverbrechen an kroatischen Serben schuldig gemacht haben. Als Angehöriger der kroatischen Truppen "ZNG" (Volksgarde) soll Ceku im September 1991 an der Entführung und Ermordung von 156 Serben in Gospic, einer Stadt im dalmatischen Hinterland, beteiligt gewesen sein. Er wird auch als eine der Schlüsselfiguren bei der Planung der kroatischen Offensive "Oluja" ("Sturm") betrachtet, mit der Zagreb die zuvor vier Jahre von Serben gehaltene Krajina unter seine Kontrolle brachte.

Zwei Mal festgenommen

Auf Grundlage des internationalen Haftbefehls wurde Ceku bereits zwei Mal festgenommen - ein Mal auf dem Laibacher Flughafen im Oktober 2003 und ein Mal auf dem Budapester Flughafen im Februar 2004. Im ersten Fall wurde Ceku nach einer Intervention des damaligen Chefs der Kosovo-Verwaltung (UNMIK), Harri Holkeri, freigelassen. Die ungarische Polizei wiederum ließ Ceku als kroatischen Staatsbürger frei. Ceku war bis Anfang 1999 General der kroatischen Armee. Danach wurde er UCK-Kommandant. Nach der offiziellen Auflösung der UCK wurde er Chef des Kosovo-Schutzkorps, in dem ein Teil der UCK aufging.

In Pristina wird Ceku hingegen von Medien als "charismatische Persönlichkeit" gelobt, die fähig sei, aktuelle Probleme zu lösen. Die Medien sprachen am Donnerstag von einer "großen Säuberung" in den Provinz-Institutionen. Der Kosovo erhielt nach dem Tod von Ibrahim Rugova am 21. Jänner unlängst mit Fatmir Sejdiu einen neuen Präsidenten. Nun wird die Provinz auch einen neuen Regierungschef und Parlamentspräsidenten bekommen. Im Kosovo habe die Post-Rugova-Ära begonnen, hieß es auch in Belgrad.

Belgrader Amtsträger reagieren zurückhaltend

Belgrader Amtsträger haben am Donnerstag zurückhaltend auf die Neuigkeit reagiert. Es liege in der Zuständigkeit von Pristina, wer den Posten des Regierungschefs bekomme, meinte der serbisch-montenegrinische Außenminister Vuk Draskovic.

Auch der Präsident Serbiens, Boris Tadic, gab sich vorsichtig. Es sei nicht Serbien, das den neuen Regierungschef des Kosovo wähle. Auch hoffe er, dass die Wahl des neuen Regierungschefs nicht zur Destabilisierung in der ganzen Region und zur Gefährdung der serbischen Volksgruppe in der Provinz führen werde, sagte Tadic.

Deutlich gegen jeglichen Kontakt Belgrads mit dem künftigen Regierungschef sprach sich hingegen der amtierende Chef der Ultranationalisten, Tomislav Nikolic, aus. "Es gibt keinen Serben, der irgendwas mit den Kriegsverbrechern zu besprechen hat", erklärte Nikolic bei einer Pressekonferenz. Zu den Kriegsverbrechern sollen seiner Meinung nach nebst Ceku auch noch die Vorsitzenden der zwei führenden Parteien der Kosovo-Albaner, Hashim Thaci (Demokratische Partei) und Ramush Haradinaj (Allianz für die Zukunft) zählen. (APA/dpa/AP)