Wien – Wären Öl- und Gaspreis im Vorjahr nicht dermaßen sprunghaft gewesen, hätten heimische Politiker wieder einen Grund gehabt, mit
vollen Gläsern anzustoßen –
so wie es auch beim Überschreiten von 1000er-Grenzen
des Wiener Börseleitindex
Praxis ist. "Wer immer nur
arbeitet und nicht feiert, ist
kein Mensch", sagt Wirtschaftskammerpräsident
Christoph Leitl folgerichtig
bei der Pressekonferenz zur
vorläufigen Handelsbilanz
2005. In einem Jahr werde
man voraussichtlich einen
Grund zum Feiern haben, sagt
Wirtschaftsminister Martin
Bartenstein. Denn alle Anzeichen deuten darauf hin, dass
2006 Österreichs Exporteure
in Summer Waren im Wert
von 101 Milliarden Euro über
die Grenzen schaffen würden:
"Ich bin zuversichtlich, dass
wir diese Schallmauer noch
heuer erreichen."
Im Vorjahr erreichten die
Ausfuhren zunächst einmal
den Wert von 94 Mrd. Euro
und stiegen somit um 4,6 Prozent. Ein Rekord. Nur: Die Importe nach Österreich stiegen
um 4,8 Prozent auf 95,5 Milliarden Euro. Peter Hackl,
Chef der Statistik Austria, hat
dann aber eine Nachricht parat, die Minister und Kammerpräsidenten doch noch zu erfreutem Kopfnicken verhilft:
Wären die Energiepreise auf
dem Niveau von 2004 geblieben, hätte man den seit Menschengedenken zweiten Handelsbilanzüberschuss (nach
2002) verzeichnen können.
"Meister"
Doch "Export-Europameister" dürfe sich Österreich
nach wie vor nennen, so Leitl.
Denn die österreichischen
Ausfuhren seien seit 2000 um
kumuliert 44 Prozent angestiegen, während in dieser Periode das "oft als Benchmark"
genannte Finnland nur um elf
Prozent" zugelegt habe. Das Erfolgsrezept der Exportwirtschaft sei: "Kreativer, besser,
schneller." Man dürfe jedenfalls "stolz auf unsere Betriebe" sein. Besonders gut im Export unterwegs seien Umwelttechnik, Kfz-Produktion und
-Zulieferung sowie Nahrungsmittel und Getränke (wobei
flüssige Lebensmittel beim
Saldo dank Wein, Bier und vor
allem Energydrinks im Saldo
besser aussehen als feste).
Im Ranking des Handelsvolumens (Exporter plus Importe) rangiert Deutschland weit
vor Italien und den USA, erstmals ist auch China unter den
Top Ten der Handelspartner.
Bei aller Freude über die
Warenexporteure seien jedoch "Dienstleistungen die
Wachstumschance schlecht-‑
hin", so Bartenstein weiter.
Österreich sei der 22.-größte
Warenexporteur, aber schon
Nummer zwölf bei den Dienstleistungsexporteuren. Rund
40 Mrd. Euro habe das Land
im vergangenen Jahr an
Dienstleistungen an das Ausland geliefert, davon seien 30
Prozent auf den Fremdenverkehr zurückzuführen. Für
acht Mrd. Euro seien so genannte industrienahe Dienstleistungsexporte – Beispiele:
Kraftwerksplanungen, Zivilingenieursleistungen – ins
Ausland verkauft worden. (Leo Szemeliker, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 28.2.2006)