Bild nicht mehr verfügbar.

Bartenstein (li.), Spidla

Foto: Reuters/Ho
Wien - Der europäische Arbeitsmarkt soll durch mehr Innovation und "Flexicurity", der Verbindung von sozialer Sicherheit mit mehr Flexibilität, stärker werden und damit den Herausforderungen der Globalisierung begegnen. Dies erklärten Wirtschaftsminister Martin Bartenstein (ÖVP) und EU-Sozialkommissar Vladimir Spidla bei einer gemeinsamen Pressekonferenz am Freitag in Wien. Zum Thema "Innovationen in der Arbeitsmarktpolitik" beraten Experten aus allen EU-Mitgliedsstaaten bei einer Fachkonferenz am Donnerstag und Freitag in der Wiener Hofburg.

Schnittstelle

"Wir wollen die Solidarität nicht aufgeben, aber der Status quo ist Tod für die Solidarität", argumentierte Spidla für Flexibilisierungen am Arbeitsmarkt als Reaktion auf Veränderungen. Laut Bartenstein muss statt der "früher vorgegaukelten Arbeitsplatzsicherheit" die Förderung der "Beschäftigungsfähigkeit" der Arbeitnehmer im Mittelpunkt stehen. Um der besonderen Problematik von minderqualifizierten jungen Arbeitssuchenden, die mit mangelnden Sprachkenntnissen oft aus Migrantenfamilien kommen, zu begegnen, sollte schon früher an der Schnittstelle Schule/Arbeitsmarkt angesetzt werden. "Die Arbeitsmarktpolitik kommt hier oft zu spät".

Bei den Subventionen im Niedriglohnsektor gebe es ein "gemischtes Bild", räumte Bartenstein ein. Die dadurch neu geschaffenen Jobs lägen nur bei 10 bis maximal 30 Prozent der so geförderten Arbeitsplätze. Daher könnte dieses Modell, das seit kurzem auch in Österreich praktiziert wird, nur beschränkt eingesetzt werden, da eine breite Anwendung in Europa den notwendigen Einsatz nicht rechtfertigen würde, berichtete er von den Ergebnissen der Konferenz. Als Ziele nannte er auch die Anhebung der Beschäftigungsquote von Frauen und der Einbindung von älteren Personen am Arbeitsmarkt, wo gerade Österreich bei den europäischen Schlusslichtern liege.

"Erfolgreiche Deregulierung"

EU-Kommissar Spidla nannte die Freizügigkeit von Arbeitnehmern im Binnenmarkt als Beispiel für erfolgreiche Deregulierung. Angesprochen auf die Entscheidung Österreichs, die Übergangsfristen für Arbeitnehmer aus den neuen EU-Staaten zu verlängern, gab sich der Tscheche diplomatisch. Dies sei eine Entscheidung, zu der Österreich gemäß Vertrag das Recht habe. Bartenstein betonte, dass der österreichische Arbeitsmarkt ohnehin teilweise geöffnet sei, etwa für Grenzgänger und für qualifizierte Arbeitnehmer mit einem Monatseinkommen über 2.000 Euro.

AK und SP vermissen neue Ideen

Arbeiterkammer (AK) und SPÖ haben an den von Bartenstein und Spidla präsentierten Plänen Kritik geübt. "Was bisher in der Arbeitsmarktpolitik getan wird, reicht einfach nicht. Es müssen neue Ansätze gefunden und dann auch umgesetzt werden", meint AK-Präsident Herbert Tumpel. Zudem könne Arbeitsmarktpolitik - "so innovativ sie auch sein mag" - nur dann erfolgreich sein, wenn sie durch eine Wirtschafts- und Steuerpolitik ergänzt werde, die Beschäftigung schaffe. "Davon sind wir in der EU und in Österreich weit entfernt", kritisiert Tumpel.

Konkret meint Tumpel den Umstieg zu einer individuellen Beratung und Betreuung von Arbeitssuchenden. In Schweden oder in Großbritannien sei das ein Schlüsselfaktor für die Bewältigung der Arbeitslosigkeit. Innovationen in der Arbeitsmarktpolitik setze aber die Bereitstellung der notwendigen Ressourcen voraus. Arbeitslosigkeit dürfe auch nicht wie bisher zur raschen Verarmung der betroffenen Haushalte führen.

SP-Bundesgeschäftsführerin Doris Bures vermisst bei Bartenstein "Job-Ideen und konkrete Maßnahmen". Zudem kritisiert Bures, "dass die österreichische EU-Präsidentschaft bisher gar keinen Beitrag für mehr Wachstum und Beschäftigung geleistet hat - und offenbar auch keinen leisten will". Mit der "gebetsmühlenartigen Beschwörung von 'Flexicurity'" und dem Aufruf zu mehr Flexibilität werde man die Jobkrise nicht bewältigen. (APA)