Kurumono-Küche

Foto: www.index2005.de

Bio-Urne von Gerard Moliné für C.I.R.E., Spanien

Foto: www.index2005.de

Index 2005 heißt die dänische Initiative - ein Name, hinter dessen Austauschbarkeit sich vieles verbergen könnte. Irgendeine neue Sozialabbau-Offensive etwa oder die letzte große Genmaiskonferenz. Dabei handelt es sich um nichts weniger als die weltweite Suche nach Produkten und Strategien, die wahrhaft Gutes tun. Das verrät schon ein erster Blick auf die Vielfalt der Einreichungen. Marketingdinos und kleine Designfische summieren sich zur Index-2005-Liste, so bizarr wie die Welt, in welcher sie tätig sind.

Wer sich in den verspiegelten Ausstellungskuben, die sich über Kopenhagens Innenstadt verteilten, trendige Möbel und schicke Leuchten erwartete, wurde enttäuscht. Ja, noch nicht einmal auf traditionelles Produktdesign wollten sich die dänischen Initiatoren im Rahmen der Suche nach dem aktuellen Stand des Humandesigns festlegen. Und das wäre in einer von Virtualität und den Guerillakämpfen der digitalen Revolution geprägten Realität denn auch völlig falsch am Platze.

Innovative Netzwerke und neue Formen der Organisation tauchten fast zwangsläufig auf, und nicht selten handelte es sich dabei um Senkrechtstarter der vernetzten, von Interfacedesign und digitalen Schnittstellen zerfurchten Welt. Linux und Wikipedia, Ebay, Skype, Google oder globale Designplayer wie IDEA, Kalifornien, zählen dazu - ebenso übrigens wie Andrea Arrau Garcia, der Mann aus Chile. Letzterer schickte seine besonders ausgefuchste Nacktschneckenfalle ins Rennen, um mit einem einfachen Beispiel dessen zu beginnen, was Index 2005, das sich nicht zu Unrecht als größten Innovationswettbewerb der Designgeschichte bezeichnet, vermitteln will.

Bunt ist die Liste allemal

Solider Transportbehälter für die Spenderniere gesucht? Soeben frisch aus Kalifornien eingetroffen. Oder lieber den Energie-Sweater statt abgetragener Klamotten übergestreift? Lässt sich dank "Energy Cloth" allemal machen - eingewobene Solarzellen versorgen uns dabei mit Strom für Kleingeräte, der quasi aus der Achselhöhle fließt. Unplugged Design funktioniert freilich auch für größere Einheiten: Das beweist das NCC-Nullenergie-Haus, das autonome User aus den Klauen der Energiemafia befreit.

Und es geht noch anders: Fab Tree Habitation, ein System für selbstwachsende (Baum-)Häuser, setzen auf ähnliche Unabhängigkeit wie kleine, handbetriebene Wasserpumpen für die große Trockenzeit. Sprießt es in anderen Breiten aber doch zu stark, bietet die übersetzungsoptimierte Fiskars-Gartenschere Hilfe. Election Design, das sich der verbesserten Abwicklung demokratischer Wahlen annimmt, vertikal angelegte Hochhausgärten, größenverstellbare Flexi-Rollstühle sind andere Dinge, die uns das Leben erleichtern sollen - oder gar den Tod, dank guter Bio-Urne: Sieht aus wie ein großer Jogurtbecher, verrottet in null Komma nichts. Doch der Clou steckt in den eingearbeiteten Samen, die sich in der mit Düngestoffen angereicherten Zellulosewand verbergen. Stirbt ein Mensch, sprießt auch ein Baum. Flüsternde Wälder statt schweigender Friedhöfe, selbstbewusste Autonomie statt Menschheit im Energiewürgegriff. Design kann die Welt verändern, und das im Positiven.

Index-2005-Gewinner

Ganz ohne kulturtheoretische Selbstverliebtheit und glamouröse Attitüden, sondern mit ganz konkreten Resultaten, warten denn auch die aus einer Vorauswahl von schlussendlich 118 Produkten ausgesiebten Index-2005-Gewinner der fünf Kategorien Körper, Haus, Spiel, Arbeit und Community auf, als da wären: Das Saugrohr "Lifestraw", ein Strohhalm der verschmutztes Wasser - Ursache von Millionen Todesfällen in der Dritten Welt - effektiv filtert. Fürs Haus: "Softwall" von Molodesign aus Kanada, ein wunderbar flexibles, modulares Paraventsystem. iPod und iTunes räumte in der Kategorie "Spiel" ab, schnörkellos auch im Erfolg. Eine Art südamerikanisches Internet-Arbeitsamt, dessen strategisch geschickt aufgestelltes Network sich der gemeinsamen Vermarktung und Stützung von 40 Millionen Kunsthandwerkern, viele davon in vom Aussterben bedrohten Kleinindustrien tätig, annimmt - auch das ist Design à la Index 2005.

Ebenso wie das in der Sparte Community ausgewählte Projekt "Siyathemba". Das ist afrikanisch und heißt - passend zum Leitmotiv des sinnvollen Designbewerbes - "Feld der Hoffnung". Das Feld der Hoffnung: Ein Fußballfeld im südafrikanischen KwaZulu-Natal, eine jener Regionen mit der höchsten Aidsrate der Welt. Dem Network der "Architects for Humanity" diente der hier ausgetragene "Siyathemba"-Sportbewerb als neues Tool, eine von pandemischen Todesfällen zerrissene Gesellschaft reorganisieren zu können - Community-Design für einen extremen Fall.
(Robert Haidinger/Der Standard/rondo/17/02/2006)