Weniger ist mehr: Die Grazer Forscher sind neue Wege beim Feldversuch gegangen und haben die Probanden keinem zusätzlichen Elektrosmog ausgesetzt, sondern sie abwechselnd mittels eines wirksamen Schutzzeltes bzw. einer Attrappe abgeschirmt.

Foto: Institut für Krankenhaustechnik
Ob durch Schmerzzustände oder Lärm: Für jeden dritten Erwachsenen sind Schlafstörungen nicht fremd. Was aber, wenn man keine ausreichende nächtliche Portion an Schlaf abbekommt, ohne durch diese zwei Faktoren beeinträchtigt zu sein? Somatische Wirkung wird in diesem Zusammenhang dem Elektrosmog zugeschrieben. Aber inwieweit ist diese Annahme verifizierbar? Dieser Frage geht ein Team von Wissenschaftlern der TU Graz unter der Leitung des Biomediziners Norbert Leitgeb, der unter anderem Vorsitzender der COST Aktion 281 und Mitglied der deutschen Strahlenschutzkommission ist, auf den Grund.


Mehr als ein Jahr Laufzeit, fünfhundert Probanden alleine in Österreich: Die experimentelle EPROS- (Electrosensitives Protected Sleep) Schlafstudie ist seit Dezember 2004 in Österreich und seit Mitte letzten Jahres auch in Deutschland am Laufen. Groß angelegt, vom Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie, dem Lebensministerium sowie der Forschungsgemeinschaft Funk (FGF) und österreichischen Mobilfunkbetreibern finanziert - aber dennoch frei von Mobilfunk-Scheuklappen, wie Studienleiter Univ.-Prof. Dipl.-Ing. Dr. Norbert Leitgeb betont - und neuartig, was das Forschungsdesign anbelangt.

Für einen "schonenden" Ansatz hat sich das Wissenschaftlerteam der TU Graz, genauer des dort ansässigen Instituts für Krankenhaustechnik, entschieden. Nicht wie üblich wurden die mit Elektroden verkabelten Testpersonen im Doppelblindversuch* zusätzlichen elektromagnetischen Feldern im Labor ausgesetzt, sondern in gewohnter Umgebung, zu Hause, ausgetestet. Zwölf Nächte lang stellte jeder einzelne Proband sich selbst und sein Schlafzimmer zur Verfügung. Die Versuchsleiter schirmten die Schläfer mal mittels eines an ein Moskitonetz erinnerndes Vorhangkonstrukt samt Aluminiumrahmen wirksam von vorhandenen elektromagnetischen Feldern ab, mal wurde eine Attrappe verwendet. Die bei sogenannten Elektrosensitiven messbaren unterschiedlichen Reaktionen darauf wurden mittles Elektrokardio-, -enzephalo- und -okulographen erfasst. Zusätzlich mussten die Probanden morgens und abends einen validierten Fragebogen ausfüllen, um auch subjektiv bewertete Angaben zu lukrieren.

Die Rekrutierung der Probanden stellte sich trotz dieses recht umständlichen Settings als wenig mühsam heraus: Das öffentliche Bewusstsein möglicher gesundheitlicher Gefahren durch die zunehmende Elektrifizierung und Elektronisierung aller Lebensbereiche sowie die flächendeckende hochfrequente Strahlenbelastung, die Mobilfunk, WirelessLan und anderes mit sich bringen, ist vorhanden. Eine Konsequenz dieses Interesses: manche Probanden sahen im Feldversuch die Möglichkeit einer Messung der Hochfrequenzfelder in ihrer Wohnung; derartige Fälle wurden nicht die die Auswertung mit einbezogen, ebenso wenig Fälle, wo Schlafstörungen eindeutig nicht elektrosensitiv bedingt waren. Für die bereits abgeschlossene Auswertung der Studie für Österreich - für Deutschland ist dies noch ausständig - wurden letztlich Daten von 29 Probanden herangezogen.
Noch sind die Ergebnisse unter Verschluss. Nächste Woche werden sie im Institut für Krankenhaustechnik in Graz der Öffentlichkeit präsentiert. Man darf gespannt sein. Der Nachweis eines Zusammenhangs zwischen elektromagnetischen Feldern und Schlafstörungen wäre eine Sensation. (red)

*Technik, bei der Erwartungseffekte eliminiert werden sollen, indem weder der Forscher noch der Beforschte darüber informiert sind, unter welchen Bedingungen bestimmte Aufgaben eines Experiments zu bearbeiten sind.




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