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derStandard.at: Einige Anleger fürchten, ein möglicher Regierungswechsel würde die wirtschaftliche Integration des Landes in Europa verlangsamen. Besteht die Gefahr?

Zdenek: Die Integration hat schon stattgefunden. Nicht nur wenn man die Zahlen des Außenhandels betrachtet oder in der Agrarwirtschaft die Direktzahlungen aus Brüssel anschaut. Die Slowakei ist EU-Mitglied, Nato-Mitglied. Da wird wohl auch viel Lärm um nichts gemacht.

derStandard.at: Die in allen Meinungsumfragen überlegen führende Oppositionspartei Smer wolle im Falle einer Regierungsbeteiligung die laufende Privatisierung der staatlichen Gütereisenbahn ZSSK Cargo Slovakia anfechten, war mehrmals zu hören. Ist das eine realistische Option?

Zdenek: Smer-Chef Robert Fico ist ein brillanter Rethoriker und geschickter Populist. Schon jetzt weiß man, er wird viel nicht umsetzen. Aber der Vertrag ist noch nicht unterzeichnet, natürlich weiß man nicht mit Sicherheit, wie diese Privatisierung ausgeht, wenn Premierminister Dzurinda den Vertrag vor dem Regierungswechsel nicht mehr unter Dach und Fach bringt.

derStandard.at: Wie schätzen Sie grundsätzlich die Auswirkungen auf die Privatisierungsprojekte der Regierung ein? Könnte etwa Smer so weit gehen, nach den Wahlen auch einen positiven Regierungsbeschhluss aufzukündigen – Stichwort Flughafen?

Zdenek: Nein. Das schließe ich aus. Das ist reiner Populismus vor den Wahlen.

derStandard.at: Die Flughafenprivatisierung war ja nicht nur von positiven Tönen begleitet.

Zdenek: Das ist Business. Ganz einfach. Die Regierung konnte mehr Geld einnehmen. Es gab auch bei den Slowaken die Angst, dass der Bratislaver Flughafen verschluckt werden könnte. Und die Angst ist legitim. Nach der Vertragsunterzeichnung besteht die Hoffnung auf die Investitionen in die Verkehrsinfrastruktur. Auch von österreichischer Seite gab es ja zunächst eher wenige Initiativen, wenn man etwa an die Verkehrswege zwischen Bratislava und Wien (z.B. Autobahn) denkt. Nun ist das eine Chance für beide Seiten.

derStandard.at: Für Premier Mikulas Dzurinda ist die Privatisierung der bevorzugte Weg, um das Land für ausländisches Kapital attraktiv zu machen. Für Smer-Chef Fico sind die Privatisierungen Ausverkauf des Staatseigentums und die Entziehung der Verantwortung für die Verwaltung strategischer Wirtschaftsbereiche. Was wäre insgesamt von einer Wirtschaftspolitik unter Federführung der Smer zu erwarten?

Zdenek: Zunächst kann man davon ausgehen, dass es eine gewisse Zurückhaltung bei den ausländischen Investoren in den ersten Monaten geben wird. Und es wird Schattierungen in der Wirtschaftspolitik geben.

derStandard.at: Welche?

Zdenek: Fico würde die Deficitspending Policy etwas korrigieren und die Budgetdisziplin etwas lockern.

derStandard.at: Kritiker werfen der Slowakei ja auch zuweilen Turbokapitalismus vor, mit der Folge, dass viele durch "den Rost fallen" würden. Gäbe es Korrekturen?

Zdenek: Etwas weniger Budgetdisziplin hätte durchaus auch positive Auswirkungen, weil die Nachfrage der Konsumenten stimuliert würde. Und es wäre eine leichte steuerliche Korrektur – Stichwort Flat Tax - zu erwarten.

derStandard.at: Wie weit könnte das gehen?

Zdenek: Na ja, wenn man alle steuerlichen Begünstigungen und Abschreibemöglichkeiten einrechnet, ist der Unterschied – (etwa zu Österreich Anm. der Red.) - ja jetzt schon nicht so groß. Aber leichte Korrekturen sind zu erwarten. (Regina Bruckner)