Foto: SZ-DVD
Eine Horrorkomödie aus den Zeiten der sexuellen Revolution - eine der komischsten und gruseligsten Szenen des Films ist die Verführung des jungen Helden Alfred, eines treu-braven Gymnasiastentyps, verkörpert von Roman Polanski selbst, durch einen Vampir. Das Büchlein "Hundert Wege, sich ins Herz einer Jungfrau zu schleichen" leistet dabei unschätzbare Dienste: Dem Vampir Herbert dient es als Leitfaden der Verführung (von Alfreds "Wimpern wie Goldfäden" schwärmt er); Alfred dagegen rettet es Unschuld und Leben, als er es beherzt dem Vampir zwischen die Zähne keilt. Nie war Polanski alberner, nie war er amüsanter als in seinem "Tanz der Vampire". Als ob mithilfe der Genregrenzen des Horrorfilms das Grauen, das das Werk dieses Regisseurs durchzieht, in Schach gehalten werden könnte.

Als der Film 1967 entstand, konnte Polanski darauf vertrauen, dass sein Publikum mit den Spielregeln der Vampirwelt vertraut war. Weniger durch Bram Stokers Ur-Dracula - vor allem die britischen Hammer-Filme mit Christopher Lee in der Rolle des Blutsaugers hatten die Genregesetze ausformuliert. Dass Vampire keinen Knoblauch mögen, dass sie Kreuze verabscheuen und im Tageslicht verdampfen - Polanski konnte mit diesen Versatzstücken spielen, sie veralbern, sie allzu wörtlich nehmen. Ein Kreuz beispielsweise hilft bei ihm nur gegen ehemals christliche, gläubige Vampire; und die Wirkung des Knoblauchs beruht auf seinem libidotötenden Gestank.

Professor Abronsius (Jack MacGowran), Fledermausspezialist und Vampirologe, sein treuer Schüler Alfred, der Vampir-Graf von Krolock (Ferdy Mayne) und die hübsche Wirtstochter Sarah (Sharon Tate) sind die Mitspieler in diesem Märchen, das so bunt und künstlich daherkommt wie eine Schneekugellandschaft. Tatsächlich schneit es viel in "Tanz der Vampire" - immerhin geht die gefährliche Reise in die Südkarpaten -, kunststoffartige Flocken wie in alten Defa-Filmen. Die Kostüme sind Mummenschanz, das Dekor wie aus einer "Anatevka"-Aufführung. Und mit seinem wirren weißen Schopf erinnert Professor Abronsius ein wenig an Albert Einstein - einen imaginären, so wie ihn Walter Matthau Jahre später darzustellen versuchte.

Polanskis "Tanz der Vampire" ist eine reine Kinowelt. Der Film endet, wie er begonnen hat, mit einer Schlittenfahrt - damit ist der Kreis der Fiktion geschlossen. Innerhalb der Grenzen herrscht bei Polanski beinahe eine heimelige Atmosphäre. Nur dass die Männer aus Fleisch und Blut naive Tölpel sind, die beim Pfählen versagen, dafür dann die Früchte ihrer Wissenschaft hinaustragen, als Seuche in die weite Welt. (DER STANDARD, Print-Ausgabe, 10.2.2006)