Das vielleicht berühmteste Beispiel: der Anfang von "The Naked Kiss" (1964), bei dem man kurz den Eindruck hat, dass Constance Towers aus der Einstellung herausschlägt, bis sich dann unter ihrer Perücke ein kahler Schädel entblößt. Von daher der Begriff der "Kino-Faust", mit dem Fuller oft assoziiert wurde. Ein Mann der harten und rohen B-Movies - in dem Verständnis, dass dieses stets schon kritisch auf das A-Movie zielt. Aber auch ein Mann der formalen Exzentrik: abrupte Standortwechsel, überraschende Großaufnahmen oder dieses Faible für die Dauer einer Plansequenz.
Der US-Kritiker Manny Farber war der Erste, der darin einen Stil erkannte, der ihm in seiner Meidung jedes Dekors sehr amerikanisch erschien. Frieda Grafe bezeichnete Fuller später als Regisseur, der Filme wie Schlagzeilen machte. Eine Analogie zu seiner Arbeit als Reporter in jungem Alter, die ihn mit Themen und Milieus konfrontierte, die später in seinen Filmen auftauchten: die Welt der Gangster (in "Underworld USA", 1961) oder der Kleinkriminellen, wie in "Pickup on South Street" (1953), wo einem Dieb ein Mikrofilm von Kommunisten zufällt.
Krieg und Rassismus
Fullers Filme bleiben auf verblüffende Weise offen für die sozialen wie politischen Widersprüche der damaligen Gegenwart. Sein dahingehend vielleicht verstörendstes Werk ist "Shock Corridor" (1963), der auf engem Raum die Dämonologien verhandelt, die für die jüngere Geschichte der USA bedeutsam sind. Ein Reporter lässt sich in eine psychiatrische Klinik einweisen, um einen Mordfall zu klären. Das soll ihm den Pulitzer-Preis einbringen.
Die Handlung dient jedoch bloß als Vorwand. Bei seinen Ermittlungen wird der falsche Patient mit drei klinischen Fällen konfrontiert, die schlaglichthaft die Auswirkungen von Rassismus, des Korea-Kriegs und des atomaren Wettrüstens ins Bild rücken. Die Grenzen zwischen einer intakten und einer gestörten Subjektivität, zwischen dem Innen und dem Außen der Institution verschwimmen. Der Wahnsinn greift um sich und lässt keine sichere Position mehr zu.
Der Reporter ist ein typischer Held Fullers, eine Erzählinstanz, zu der man als Zuschauer unaufhörlich Vertrauen verliert. Fullers Figuren seien immer schon zerrissen, gespaltene Persönlichkeiten, schreibt der Filmwissenschafter Thomas Elsaesser. Sie scheitern daran, ihre inneren Vorstellungen mit der äußeren Welt in Einklang zu bringen, so wie der Marshal im Breitwand-Western "Forty Guns" (1957), der zwischen seiner Pflicht und der Hinwendung zu Barbara Stanwyck zuletzt eine Kurzschlussreaktion entscheiden lässt.
Man könnte sogar so weit gehen, im weißen Schäferhund aus "White Dog" (1982), einem schillernden Spätwerk Fullers, die reinste Form dieses Konflikts zu sehen. Von seinem Besitzer dazu trainiert, fällt der Hund nur Schwarze an. Die Frau, die ihn aufliest, will ihn von dieser Prägung heilen lassen und übergibt ihn einem schwarzen Tierbändiger. Die liberale Idee der Besserung mittels Erziehung steht hier einem sozialen Determinismus gegenüber, der nicht zu überwinden ist.