Wien – Der Protest ergriff am letzten Jänner-Wochenende nicht nur die Bühne, sondern schwappte auch ins Publikum: Zum Beispiel mit der Bouteille Rotwein und Zigarre gegen die versammelte Mehrheit an Biertrinkern, mit Buh-Rufen für Jury-Statements, mit Sit-Ins, die in Bühnenbesetzungen auszuarten drohten... – Allem Protestwillen zum Trotz hat die Jury sich durchgesetzt und aus 25 TeilnehmerInnen die zehn FinalistInnen ausgewählt (derStandard.at berichtete).

Was dabei herausgekommen ist, mit welch aufwühlenden Textzeilen und einpeitschenden Rhythmen am 12. Februar dem Rabenhof eingeheizt wird, das verrät – wie jedes Jahr – diese kleine An-Hör-Sache.

© Visual Artist: Chili Gallei für das Rabenhof Theater

Dirk Stermann wird das finale Showdown am kommenden Sonntag (12.2., 20 Uhr, Rabenhof-Theater) moderatorisch ganz ohne Christoph Grissemann bestreiten. Gegenseitige Beflegelungen sind aber trotzdem zu erwarten: Schließlich steuerte die Jury schon in den Vorjahren dutzendfach jenseitige Kommentare bei.

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Final-Jury

  • Barbara Rett (ORF)

  • Electric Indigo (DJ)

  • Doris Knecht (freie Journalistin)

  • Peter Paul Skrepek (Gewerkschaft Kunst, Medien, Sport, freie Berufe)

  • Rainer Binder-Krieglstein (Musiker)

  • Martin Blumenau (FM4)
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Sub|ver|si|on , die; lat. subvertere "(um)stürzen": meist im Verborgenen betriebene, auf den Umsturz der bestehenden staatlichen Ordnung zielende Tätigkeit.

Dieser Definition nach ist Aurelie Maronif so ganz und gar nicht "subversiv", denn da werden gar zu offensichtlich alte Chansons und neue Interpreten (Stereo Total) beschworen. Das kann auch die in die quirlige Band-Biografie eingeschummelte Pete Doherty-Liaison von Sängerin Sue nicht wett machen. – Ob ein Protest-Song sexy sein darf, wurde derStandard.at-Juror Gregor Kucera in der Vorausscheidung gefragt: "Ja, darf er. – - – Aber darf er deswegen schlecht sein?"

>>>Zum Reinhören: Subversiv

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Sex ist dann auch nicht das Protestthema von Börn, auch wenn er den Protagonisten seines Songs mit dem Schwanz in der Hand erwischt. Für Zwischenapplaus und Saaljubel langte es auch so, denn Börn (aka Bernhard Johannes Moshammer) aus St. Pölten sang sich seinen tagespolitischen Frust "beherrscht", mit angenehm angerauhtem Timbre von der Seele. Ein musikalisch einfacher, aber raffinierter Singer-Songwriter-Song über einen gewissen Herrn Strache.

"Pretty stone", das dritte Album der Band erschien 2005 und versammelt vornehmlich deutschsprachiges, das sich, wie es heißt, auf das Wesentliche konzentriert. "Bleib du mit dir" beweist das vortrefflich.

>>>Zum Reinhören:
Bleib du mit dir

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"Hauptsache ich bin keine Polizistin", verteidigte die d'vision-Sängerin ihr Beamten-Dasein vor einer Zuhörerschaft mit vermutlich vornehmlich prekären Beschäftigungsverhältnissen. Und die Biografie verrät: "In ihrer Freizeit begeht Brigitte Plotz so manches Verbrechen am guten Geschmack". In Pippi-Langstrumpf-Manier und dünnem Stimmchen, begleitet von einer Magistrats-Kapelle trug also die Hobby-Verbrecherin das Lied vom "Nackerpatz" vor, der sich trotz Videoüberwachung so gar nicht geniert. – Die Big-Brother-Thematik lüpfte den Song ins Finale, die musikalischen Qualitäten waren es sicher nicht.

>>>Zum Reinhören: Nackert auf´m Schwedenplatz

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Ein bisschen wie ein Kindergartensong, bei dem wild mit den Armen herumgewedelt wird, kam der textlich minimal, aber kritisch aufgemotzte Freddy-Quinn-Song "Seemann" daher. Trotz einer riesigen Kombo auf der Bühne und tanzendem Fanclub war das Lied etwas lau, aber eines stimmt: Die Figur des Seemanns als Bild für den heimatlosen Migranten im neuen Europa auszusuchen, ist treffend und gut.

>>>Zum Reinhören: Seemann

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Die sechs Burschen von Hoerspielcrew kennen Garish schon seit Schulzeiten: Burgenländer HipHop meets Burgenländer Pop ist auch das Motto des sehr professionellen Protest-Beitrag "Vermögn". Mathias Zsutty (FM4) attestierte dem ruhigen Song, der vom Kontrast der überlegten Rap-Passagen mit den sanften-Pop-Refrains lebt, einige Gänsehaut-Momente. Die Botschaft, sich endlich aufzuraffen etwas zu tun, gemeinsam etwas zu verändern, kommt nachdenklich und wenig aufdringlich rüber. Ein Beitrag , dessen Potential sich beim mehrmaligen Hören entwickelt.

>>>Zum Reinhören: Vermögn

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Klein-Oskar wandte sich am Schluss des Lieds, zu der er mit zwei anderen kleinen Wichten sehr erwachsen performte, streng ans Publikum: "Wir wollen mehr Taschengeld, wir wollen mehr Aufmehrksamkeit – und wir werden euch einmal regieren!" Schluck! – Der ungeplante Kinder-Tanz auf der Bühne brachte dem gar nicht so kleinen Jörg Zemmler nicht nur Sympathien ein. "Kinder und Tiere...Schiebung", raunte es durchs Publikum. ABER BITTE, was kann der Song dafür? "Wir sind die Kleinen" besticht durch seine einfache, einprägsame Aussage, Zeilen wie "wir sind unsrer eigner lieber Chef", den sturen, lärmigen Elektro-Beat,... Herrlich!

>>>Zum Reinhören: Wir sind die Kleinen

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Leute, lasst Euch sagen: Die Tatsache einer Wasserklosettanlage vor der Wohnungstür gibt ausreichend Motivation für einen Protestsong. Offenbar ist das eine elendige, bemitleidenswerte, wenn nicht gar besch... Situation. Da geht es der armen Kriegswitwe laut Peter Kastner, nicht viel anders als dem Asylwerber. – Manch einer verstand das Lied als Hymne FÜR das Klo auf dem Gang. Pah! Weit gefehlt. Nächtliche Spaziergänge, womöglich barfuß und verschlafen, ins Treppenhaus kommen Folter gleich. – Ein bisschen unsinnig dieser Protest, aber allemal gut zum Mitsingen!

>>>Zum Reinhören: Klo aufm Gang

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Ein Song, der Lust auf mehr macht (bitte Demo schicken!). "Amerika" von den Phoneten ist ein Außenseiter-Song im Protestfeld: Drums, Gitarre, Synthesizer, Computersounds addieren sich zu einem leisen, (be-)sinnlichen, hintergründigen Lied. Sänger Bernhard Preiml, Jazz-Student am Konservatorium, hatte die Befürchtung der Song, inspiriert vom eigenen Amerika-Besuch, könnte zu "plakativ" geraten: Die Sorge blieb unbegründet.

Wie man hört, fiel der Song bei der Vorausscheidungs-Jury fast durch. Das hat er nun wirklich nicht verdient.

>>>Zum Reinhören: Amerika

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Freunde des Wienerliedes kommen bei "the Austrian way (of singin´ the blues)" voll auf ihre Kosten. Ein bisschen Extremschrammeln, ein bisschen Ostbahn Kurti, vielleicht sogar eine Prise Fendrich haben die sympathischen Remasuri, was soviel heißen soll wie Tumult und Durcheinander, zusammengemixt. Eine Mischung, die gar nicht so schlechte Pointen über Raunzer, Wappler und Kanzler reißt!

>>>Zum Reinhören: the Austrian way (of singin´ the blues)

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Und als würdige Punkrock-Vertreter, der bei keinem ProtestSongContest fehlen darf, sind Seelenwärmer dabei. Satter Konsens-Punk mit klaren Ansagen ("Widerstand!"), der nicht nur eingefleischten Punk-Bitches gefallen dürfte. Der Song hat nicht nur einen ausserordentlich gut gebrüllten Refrain, sondern ist von abwechslungsreichem Rhythmus. – Ein Beitrag der bei der Vorausscheidung nur von Konserve kam; – da wird live wahrscheinlich ziemlich die Post abgehen! (kafe)

>>>Zum Reinhören: Globalisierungskinder

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