"Politisch Verantwortliche" als Schuldige
Schuld am Tod des Schubhäftlings seien "die politisch Verantwortlichen", bemerkte Richterin Sonja Weis in der Urteilsbegründung: "Die betroffenen Beamten haben das Menschenmögliche getan. Sie trifft kein Vorwurf. Dass man aber davon ausgeht, dass das System reibungslos und einwandfrei funktioniert, ohne die entsprechenden Mittel zur Verfügung zu stellen, gibt zu denken. Das ist ein Systemfehler, für den nicht die Systemerhalter verantwortlich sind, sondern die politisch Verantwortlichen."
Konkret bemängelte die Vorsitzende die fehlenden personellen Ressourcen beim Wachpersonal sowie die nicht entsprechende vorhandene psychiatrische bzw. psychologische Betreuung des Täters, die dieser dringend nötig gehabt hätte.
Offenbar Halluzinationen
Der Schubhäftling hatte die Verhandlung apathisch und mit großteils geschlossenen Augen über sich ergehen lassen. Auf Grund eines Aufenthaltsverbots war er am 2. Mai 2005 in Schubhaft genommen worden. Er teilte sich mit Polen, Chilenen und Moldawiern eine Acht-Mann-Zelle. "Der Betroffene war schweigsam und zurück gezogen. Es fiel auf, dass er offenbar Halluzinationen hatte", so Staatsanwalt Peter Losert.
Im Juli trat der Mann zumindest vorüber gehend in den Hungerstreik. Medikamente, die man ihm verabreichen wollte, spuckte er aus. Offenbar war das Wachpersonal ratlos und wusste nicht so recht, wie man sich ihm gegenüber verhalten sollte.
Am 13. August saß der Nigerianer stundenlang in seiner Ecke und sprach kein Wort. Das Abendessen hatte er nicht angerührt. Seine Zellengenossen spielten Karten, als er plötzlich zu einem Essbesteckmesser griff und damit ohne ersichtlichen Grund auf einen Polen losging.
"Wie irre"
Die anderen Häftlinge gerieten in Panik, zumal sich der Schubhäftling laut Anklage "wie irre" gebärdet haben soll. Einem gelang es, die Notruftaste zu betätigen. Zwei andere bekamen ebenfalls Stiche ab, wurden im Unterschied zu dem Polen, der mittlerweile blutüberströmt in der Zellenmitte zusammen gebrochen war, nicht lebensbedrohlich verletzt. Die Männer sperrten sich schließlich im WC ein und warteten auf Hilfe.