Foto: Süddeutsche Cinemathek
Sie macht seine Golfschläger zu Kleinholz, er stößt die verhasste Gattin zu Boden. Es herrscht Krieg in der glitzernden Geldadel-Idylle im grünen Vorort von Philadelphia. Tracy Lord und C. K. Dexter Haven, die beiden eleganten, aber schwer ramponierten Eheleute sind fertig miteinander. Doch George Cukor genügt eine Minute, um dieses Beziehungsdrama zu erzählen. Ohne Worte. Nicht der quälende Zerfall interessiert ihn, sondern das emsige und sehr komische Kitten der in Trümmern liegenden distinguierten Welt. Welches Teil gehört wohin, wie passt alles zusammen? Ein neuer Ehemann ist bereits gefunden, die Damasttafeln erwarten schon die Hochzeitsgesellschaft. Doch der erste Auftritt des neuen Bräutigams George Kittredge geht gründlich daneben.

Da hofft einer, nach oben zu heiraten, doch er trägt das Kostüm der Superreichen wie einen Konfirmandenanzug, und beim Versuch, ein Pferd zu besteigen, blamiert er sich vor dem Stallknecht. Sein und Schein und all die Missverständnisse, die sich ergeben, weil sie sich nicht zur Deckung bringen lassen: das ist das Leitmotiv dieser unglaublich subtilen Screwball-Comedy, in der alle stets als verschiedene Versionen ihrer selbst agieren. Macaulay Connor, der vermeintliche Paparazzo, der von Dexter als Heiratsverhinderer angeheuert wird, ist nebenbei auch noch großer Romantiker, unglücklicher Liebhaber und vergeblich Geliebter.

Und Tracy Lord ist gleichermaßen Blaustrumpf und Göttin, hochmütig und albern, kalt wie Marmor – und elektrisierend erotisch, wenn sie wie gewichtslos zum Sprung in den dunklen Pool ansetzt. Für welchen der drei Männer, die sie nun umkreisen wie Planeten eine Sonne, soll sie sich entscheiden? Für den, der das Rätsel, das sie sich selber ist, lösen kann. Anders als Tracy Lord wusste Katharine Hepburn ganz genau, wer sie sein wollte. Schon das immens erfolgreiche Broadway-Stück, auf dem der Film basiert, war ihr auf den Leib geschneidert. Sogar die Besetzung der beiden männlichen Hauptrollen durch James Stewart und Cary Grant lag in ihrer Regie. Der Coup glückte. Nicht nur wurde der Film ein Box-Office-Hit, auch ihr Ruhm, der unter vielen Flops in den Dreißigern gelitten hatte, war mit „Die Nacht vor der Hochzeit“ für alle Zeiten wieder hergestellt. Katharine Hepburn hatte in Hollywood die Persona durchgesetzt, die sie von nun an in allen ihren Filmen verkörperte: sich selbst. (DER STANDARD, Printausgabe)