Bild-Copyright: Peter Garmusch spielt Wolfgang Amadeus Mozart, fotografiert von Natascha Hochenegg

Foto: Natascha Hochenegg

Dem Marzemino setzte Mozart im "Don Giovanni" ein Denkmal: Als der Protagonist seinen Diener in der Tafelszene auffordert, Wein einzuschenken, um dann den "eccellente marzimino!" zu loben. Der Begriff fehlt seither in kaum einem Nachschlagewerk: Doch der Verdacht drängt sich auf, dass die rote Rebsorte, die vergleichsweise krankheitsanfällig ist und heute in Minimengen im Trentino, in der Lombardei und im Veneto vorkommt, nur wegen des "Don Giovanni" am Leben gehalten wird.

Im "Gambero Rosso 2005", der jährlich erscheinenden Bibel des italienischen Weins, ist gerade einer zu finden: "Marzemino Belvedere Villa Alessi 03" von Ca' Lustra aus Venetien (Kategorie 7,51 bis 13 Euro), dafür aber mit zwei von drei "bicchieri" bedacht, was schon einmal nicht so schlecht ist.

Milos Formans "Amadeus" scheint das Original gar nicht schlecht getroffen zu haben: ein kleiner, kreuzfideler Mann, der bei aller Genialität zu leben liebte und zeit seines Daseins kindische Freude an dadaistischen Wortwitzen, Geplänkel unter Tischen und allen anderen "Schweinereien" des Savoir-vivre hatte. Mozart soll Schickimickigetue zuwider gewesen sein, obwohl er die Annehmlichkeiten dieser Welt genoss und, so die Überlieferung, großen Wert auf Äußeres legte. Er hinterließ etwa einen Billardtisch, den man sich selbst damals nicht in eine Wohnung stellte, nur um eine einigermaßen große Ablagefläche zu haben.

Punsch und Caccalotte

W. A. war von klein auf mit dem angenehmen Leben vertraut. Allein aufgrund seiner Reisen, Kontakte und Sprachkenntnisse würde er wohl heute als äußerst weltgewandt durchgehen. Auf ihren Reisen sprachen die Mozarts den kulinarischen Annehmlichkeiten der jeweiligen Länder zu. Zu Hause legte man Wert auf gute Ernährung mit entsprechender Getränkebegleitung. Vater Leopold genoss auf der Englandreise die Vielfalt der Biere. Wolfgang schätzte Punsch, damals sehr trendy, über alles. "Caccalotte", Schokolade, wurde getrunken, nicht gegessen und landete ob der ihr zugeschriebenen aphrodisischen Wirkung, ihrer ergo "fastenwidrigen" Eigenschaften auf so manchem kirchlichen Index.

Wasser war zu dieser Zeit wohl das am wenigsten genießbare Getränk. Das "trinckwasser" in Paris, schrieb Vater Leopold, sei "das abscheulichste hier", und griff daher zu Wein - tägliches Quantum: zwei Bouteillen - so Kurt Palm, der Verfasser des lesenswerten Buches "Der Wolfgang ist fett und wohlauf" -, die durchaus vom Feinsten waren. Sie kamen vorzugsweise vom Rhein und von der Mosel und enthielten mithin Weine, die damals weit über ihren regionalen Ursprung hinaus gehypt wurden.

Heute erlebt der Riesling zwar ein Revival, nachdem er einige Jahrzehnte schwer unter seinem "Altherrenimage" zu leiden hatte. Vielleicht würde Leopold heute aber zu anderem als zu "Hochheimer Rhein wein" greifen, der übrigens am Main wächst. Mit Mosel-Rieslingen beweist man heute mehr Geschmack. Auch wenn man sich hier zu Lande an den mineralischen Qualitäten dieser Weine leider viel zu selten erfreuen kann, sind sie doch die Klassiker, wenn auf internationalem Parkett von "Riesling" die Rede ist.

Champagner-Varianten

"Man weiss, wie er oft in seine Gesundheit stürmte, wie manchen Morgen er mit Schikaneder verchampagnerte, wie manche Nacht er verpunschte und nach Mitternacht gleich wieder an die Arbeit ging, ohne die mindeste Erholung seinem Körper zu gönnen", schrieb Georg Nikolaus Nissen, der zweite Mann Constanze Webers, der unter tätiger Mithilfe der Mozart-Witwe die erste Biografie verfasste. Zu bezweifeln ist, dass Champagner, der zu dieser Zeit in guten Häusern bereits "très chic" war, auch immer das uns bekannte, fein moussierende Getränk war. Allen Verdiensten Dom Pérignons zum Trotz hatte man die Sache mit den Bläschen nicht wirklich unter Kontrolle. Daher konnte Champagner ebenso gut fein perlend und weiß, rot - oder still sein. Welche der damals noch existierenden Champagner-Varianten man erwischte, war - so klingt es in "Hugh Johnsons Weingeschichte" durch - reine Glück- sache. (Der Standard/rondo/27/01/2006)