Eigentlich war die Ausstrahlung der Dokumentation "Artikel 7 - unser Recht/Člen 7 - naša Pravica" von Thomas Korschil und Eva Simmler für Sonntag, 4. Dezember 2005 angesetzt.

Kurzfristig wurde die Dokumentation "aus programmtechnischen Gründen" abgesetzt, stattdessen strahlte der ORF den Johannes Mario Simmel-Film "Mich wundert dass ich so fröhlich bin" des kürzlich verstorbenen Regisseurs Michael Kehlmann aus.

Foto: artikel7 – unser recht!

Doch auch im neuen Jahr dürfte das österreichische Fernsehpublikum die ORF-RTV-Koproduktion "Artikel 7 - unser Recht/Člen 7 - naša Pravica" nicht zu sehen bekommen: Laut Franz Grabner, Leiter der ORF Kultur – Dokumentarfilmredaktion, verpflichten Rundfunkgesetz und die entsprechende Judikatur den ORF zur Objektivität.

"Artikel 7" widerspricht laut Grabner "diesem Grundgesetz in einigen Aspekten deutlich und darf daher aus rechtlichen Gründen nicht ausgestrahlt werden".

ORF-Pressesprecher Kallinger ist nicht bereit zu erklären, wie die Rechtsabteilung zu dieser Einschätzung gelangte.

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Hintergrund: Als der ORF im Jahr 2002 die Dokumentation "Die Kärntner Partisanen" zeigte, ging die FPÖ vor Gericht – ohne Erfolg. Der Verwaltungsgerichtshof konnte damals keine "Unsachlichkeit der Darstellung, die zu einer Verletzung des Objektivitätsgebots führen würde", erkennen.

Die Kärntner Landespartei hatte damals zahlreiche Unterschriften für die Beschwerde beim Bundeskommunikationssenat gesammelt, die Entscheidung in letzter Instanz gab den Klägern allerdings nicht Recht.

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"Artikel 7 - unser Recht/Člen 7 - naša Pravica" verwendet Material aus den Archiven des ORF und des slowenischen RTV: Die Angriffe auf Bundeskanzler Kreisky, der 1972 Polizeischutz benötigte, um vom Gebäude der Klagenfurter Arbeiterkammer, wo er eine Rede gehalten hatte, zu seinem Auto zu gelangen, SS-Sprüche auf Fahnen ...

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... Ortstafelstürmer, die stolz abmontierte zweisprachige Schilder präsentieren und Kundgebungen des Kärntner Abwehrkämpferbundes.

In einem Ausschnitt aus der ORF-Sendung "Querschnitte" aus dem Jahr 1972 wird eine Demonstration gegen den damaligen Kärnter Landeshauptmann Hans Sima, der die Aufstellung zweisprachiger Ortstafeln anordnete, gezeigt. Einer der Protestierenden (mit markantem Schnurrbart) äußert die Meinung, Adolf Hitler sei "ein feiner Mensch" gewesen.

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Begeisterte Kritiken

Die Dokumentation lief auf mehreren Festivals in Österreich und Slowenien und erhielt dort begeisterte Kritiken. Für den Berliner "Tagesspiegel" war "Artikel 7" einer der Höhepunkte der Grazer Diagonale 2005.

Die slowenische RTV, die die Produktion gemeinsam mit dem ORF finanzierte, strahlte den Film im Oktober parallel zu einem Champions-League-Spiel aus, berichtet aber trotzdem von über 90.000 ZuseherInnen (14 Prozent Reichweite) und vielen positiven Reaktionen.

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Der Film wird am 31.1. um 19:25 im HTU-Cinestudio, TU Wien und am 12.2. um 13 Uhr im Wiener Filmcasino gezeigt. (Im Filmcasino anschließend Podiumsdiskussion mit der RegisseurInnen und Ruth Beckermann (Filmschaffende), Zuzana Brejcha (Kulturrat Österreich), Franz Grabner (ORF-angefragt), Fritz Hausjell (Kommunikationswissenschafter); Moderation: Martina Theininger (Filmschaffende)

"Artikel 7 - unser Recht" ist auf DVD (derzeit ausverkauft) oder VHS bei Navigator Film erhältlich. (bed)

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