Wien - Für die blutigen Anschläge am Donnerstag in der schiitischen Pilgerstadt Kerbala im Irak haben die lokalen Behörden "Takfiristen" verantwortlich gemacht. Es handelt sich dabei sunnitische Extremisten, die alle Andersgläubigen, auch schiitische Moslems bekämpfen und auch zu töten versuchen. Das arabische Wort "Takfir" bedeutet wörtlich, jemanden zum "Ungläubigen" (kafir) zu erklären.

Eine mittlerweile in der gesamten islamischen Welt verbreitete militant-islamistische Strömung nennt sich "al-Takfir wa l-Hijra" (Die Hijra bezeichnet die Auswanderung des Propheten Mohammed 622 von Mekka nach Medina und markiert den Beginn der islamischen Zeitrechnung).

Anlehnung an die Ideologie von Sayyid al-Qutb

Die Anhänger von TwH bekämpfen in Anlehnung an die Ideologie von Sayyid al-Qutb (1966 hingerichteter Chefideologe der ägyptischen Moslembrüder) die bestehenden Staatsordnungen ihrer Herkunftsländer als unislamisch. Die TwH entstand laut deutschem Verfassungsschutz zu Beginn der 1970er Jahre in Ägypten, wo sie sich vor allem an den Universitäten etablierte.

Von den Sympathisanten der Bewegung und Nutznießern ihrer sozialen Dienste wurde im Gegenzug ein frommes Verhalten sowie die optische Anpassung an die religiösen Normen der Bewegung verlangt - für Frauen galt die Schleierpflicht, Männer hatten Bärte zu tragen.

Gründer Shukri Mustafa

Als Gründer der Organisation gilt der 1942 in Assiut geborene Shukri Mustafa. 1977 löste die ägyptische Regierung die Organisation offiziell auf. Vorausgegangen waren zahlreiche Gewaltaktionen ihrer Anhänger seit 1974, die ihren Höhepunkt in der Ermordung des Ministers für Religiöse Stiftungen, Hussein al-Dhahaby, hatten. Mustafa sowie mehrere seiner Anhänger wurden dafür zum Tode verurteilt und im März 1978 hingerichtet.

Die bis dahin streng hierarchisch strukturierte TwH bestand zwar fortan nicht mehr offiziell als Organisation, ihre Ideologie lebte aber fort. Sympathisanten der TwH bauten in den Folgejahren Kontakte nach Pakistan, in die Golfstaaten, in die Türkei, nach Syrien, Jordanien, Libyen, Sudan, Libanon und in die Maghrebstaaten, insbesondere Algerien, auf. Nunmehr dürften die Takfiristen auch im Irak aktiv sein und an der Seite der Al-Kaida agieren. (APA)