Wien - "Politische Pornografie" tituliert "Die Presse" -Chefredakteur Michael Fleischhacker seinen Kommentar. In der Affäre um die Bilder zeigen sich die von Carlos Aires thematisierten Inhalte, nämlich "dass sich Politik und Pornografie in den Mechanismen der Machtausübung nicht unähnlich sind." Dies habe Aires zeigen wollen - "Mit künstlerisch nicht besonders hochwertigen Mitteln, wie manche Experten meinen. Mit Hilfe der freiwilligen Mitspieler ist es ihm am Ende doch noch prächtig gelungen." Dass Bundeskanzler Wolfgang Schüssel), "der bisher gegen die populistischen Nötigungsversuche der Krone weitgehend resistent war, einen Rückzieher gemacht hat, ist enttäuschend. Dass die SPÖ, die sich seinerzeit in ihrer Rolle als Beschützerin der künstlerischen Freiheit vor den populistischen Mächten der Reaktion gefiel, jetzt die FPÖ in Sachen Anti-Kunst-Populismus überholen will, ist widerlich", so Fleischhacker.

"Endlich! Österreich erregt sich wieder einmal über einen 'Kunstskandal'. Es war ja schon regelrecht langweilig", schreibt Karl Harb in seinem Kommentar in den "Salzburger Nachrichten". "Reflexartig setzt das alte Spiel ein: Volkes Stimme, laut, aber kleinformatig, schreit auf. 'Porno' macht sich als Begriff immer gut, 'Plakate' sind es zwar, streng genommen, nicht, aber wer will es denn im erregten Kunstdiskurs schon streng oder gar genau nehmen?" Über inhaltliche, ästhetische, formale Fragen werde nicht diskutiert. "Stattdessen schreit Volkes Stimme lieber: Porno! Skandal! Und die Politik stimmt freudig ein." Und "Salzburgs Landeshauptfrau, sonst immer strahlend lächelnd, machte auf einmal ganz Ernst und verbat sich gar das Aufstellen der 'Plakate' in Salzburg. Frage: Ist nicht ein solch 'vorauseilender Populismus' der eigentliche Skandal?"

Als "Generalversagen" tituliert Frido Hütter in der Kleinen Zeitung die Affäre. "Hier haben alle versagt: Zuerst mit dem Skandal zu liebäugeln, dann das Hasenpanier zu ergreifen und nebstbei die eigenen Leute zu desavouieren ist peinlich", heißt es in dem Kommentar über die "25 Peaces"-Verantwortlichen. "Wer Provokation will, soll dazu stehen. Oder sie andernfalls dem Publikum ersparen". Doch hier habe "ein bisschen Druck von der Kronen Zeitung, ein bisschen von der Politik" genügt, "und schon ist die zuvor so innig beschworene 'Freiheit der Kunst' aufgelöst." Carlos Aires hat seine Motive noch selbst zurückgezogen, "Tanja Ostojics Arbeit warfen die Intendanten aus der Schau. - Das ist echte Feigheit vor einem Medium, das meint, das Land allein zu regieren."

Die "Kronen Zeitung"<7b>, die die Affäre ins Rollen gebracht hat, sieht einen "Polit-Eiertanz Wolfgang Schüssels": "Auf der einen Seite mag es schon stimmen, dass der Kanzler hinter den Kulissen Druck macht, diese widerlichen Mist-Plakate zu entfernen. Andererseits hat man im Kanzleramt offensichtlich wirklich die Hosen voll, gegen die so genannte Freiheit der Kunst zu verstoßen. Herauskommt ein Kuddelmuddel sich widersprechender Aussagen", schreibt Peter Gnam, der in einem anderen Kommentar noch meint: "In Wirklichkeit handelt es sich beim EU-Porno um eine Art Studentenulk, um einen Schmarren, mittels dem letzten Endes die Kunst in Geiselhaft genommen wird. Dass die Politik mit in Geiselhaft sitzt, geschieht ihr recht." (APA)