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Frauenministerin Maria Rauch-Kallat, Wirtschaftsminister Martin Bartenstein und Sozialministerin Ursula Haubner, von links, präsentierten vor einem Jahr den Dienstleistungscheck.
Foto: APA/Zak
Wien - Kritik am Dienstleistungsscheck haben am Freitag die Arbeiterkammer (AK) und die Volkshilfe geübt. Die AK sieht die Gefahr, dass damit arbeitsrechtliche Standards untergraben, Lohndumping erleichtert und noch mehr prekäre Beschäftigungsverhältnisse geschaffen werden. Die Volkshilfe spricht sich klar dagegen aus. Volkshilfe-Präsident Josef Weidenholzer sieht darin lediglich eine "Gewissensberuhigung für Reiche". "Die Volkshilfe ist klar gegen derartige Beschäftigungsverhältnisse zweiter Klasse, bei denen ausreichende Absicherung, Urlaubsanspruch, Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall oder Kündigungsfristen einfach fehlen."

Mit dem Dienstleistungsscheck - so die Einschätzung von Ingrid Moritz, Leiterin der Abteilung Frauen und Familie in der AK Wien - wird das Anliegen, Arbeitsverhältnisse zu legalisieren und den Betroffenen sozialrechtlichen Schutz zu gewähren, nicht erreicht. Vielmehr besteht die Gefahr, dass damit arbeitsrechtliche Standards weiter untergraben, Lohndumping erleichtert und noch mehr prekäre Beschäftigungsverhältnisse geschaffen werden. Auch zur besseren Vereinbarkeit von Beruf und Familie leistet der Scheck keinen adäquaten Beitrag.

Überprüfung schwierig

Bei Entgeltansprüchen benachteiligt EU-rechtlich ist eine Aneinanderreihung befristeter Dienstverhältnisse verboten. Bei regelmäßig wiederkehrenden Tätigkeiten, wie dies bei Haushaltsarbeiten häufig der Fall ist, gilt daher das Verbot von Kettenarbeitsverträgen. Eine Überprüfung ist aber kaum möglich. Und: Durch die Aneinanderreihung befristeter Dienstverträge können ArbeitnehmerInnen in ihren Entgeltansprüchen benachteiligt werden.

Auch Weidenholzer befürchtet den weiteren Ausbau prekärer Beschäftigungsverhältnisse. Über den Dienstleistungsscheck gebe es keinerlei Ansprüche auf Arbeitslosengeld oder Berücksichtigung für die Pension.

Noch mehr prekäre Beschäftigung

Obwohl das Dienstleistungsscheckgesetz die Verwendung des Schecks für qualifizierte Tätigkeiten verbietet, ist eine wirksame Kontrolle der tatsächlich verrichteten Tätigkeit in der Praxis nicht möglich. Da "Hilfe bei der Kinderbetreuung" erlaubt ist, wird auch das im Gesetz verankerte Verbot von Kinderbetreuung nicht durchsetzbar sein. Damit könnten auch qualifizierte Arbeiten wie zB Heimhilfe, Altenpflege oder eben Kinderbetreuung mit dem Dienstleistungsscheck abgegolten werden und reguläre Arbeitsplätze etwa bei Wohlfahrtsträgern unter Druck geraten. Statt einer Legalisierung von "Arbeit im Graubereich" könnten die prekären Beschäftigungsverhältnisse noch stärker zunehmen, fürchtet Moritz.

Keine kontinuierliche Kinderbetreuung

Keine verbesserte Vereinbarkeit von Beruf und Familie Obwohl in den Erläuterungen zum Gesetz die bessere Vereinbarkeit von Beruf und Familie ein erklärtes Ziel ist, sieht die AK Expertin in diesem Gesetz kein adäquates Mittel dazu. Mit dem Dienstleistungsscheck ist lediglich eine fallweise Beaufsichtigung von Klein- oder Schulkindern möglich. Qualitätsvolle, kontinuierliche Kinderbetreuung, wie sie für die Vereinbarkeit von Beruf und Familie grundlegend ist, ist damit nicht realisierbar. Gerade in diesem Bereich besteht das Defizit: Laut einer aktuellen Erhebung des Europäischen Zentrums fehlen 46.000 Plätze und bei 40.000 passen die Öffnungszeiten nicht. Erwerbstätigen mit Kindern hilft der Dienstleistungsscheck also nichts, sie brauchen vielmehr ganztägige und ganzjährige Kinderbetreuungsangebote, die finanziell leistbar und in guter Qualität verfügbar sind.

Forderungen

Zur Entlastung der privaten Haushalte fordert die AK ausreichende und bedarfsgerechte Kinderbetreuung von der öffentlichen Hand und die Verbesserung der Angebote im Pflegebereich. Damit können neue Arbeitsplätze geschaffen werden, die arbeits- und sozialrechtlich abgesichert sind und die benötigten Qualitätsstandards garantieren. (APA/red)