Berlin/Sanaa - Der ehemalige Staatssekretär im deutschen Außenministerium, Jürgen Chrobog, ist mit seiner Frau und seinen drei Kindern im Jemen entführt worden. Der 65-Jährige werde mit seiner Familie im Jemen vermisst, erklärte ein Sprecher des Auswärtigen Amtes in Berlin am Mittwoch. Chrobog war unter der rot-grünen Regierung im Auswärtigen Amt tätig. Erst in der vergangenen Woche waren zwei Österreicher - Barbara Meisterhofer (31) und Peter Schurz (52) - entführt und nach drei Tagen unversehrt wieder freigelassen worden.

Der hochrangige deutsche Diplomat hatte im August 2003 als Leiter des Krisenstabes entscheidenden Anteil an der Befreiung verschleppter deutscher Sahara-Touristen. Er wandte sich am 20. Dezember im Bayerischen Rundfunk gegen ein "Sozialversicherungsdenken" mancher Deutscher im Ausland. Wer sich in Gefahr begebe, müsse das Risiko kennen, sagte er.

Weihnachtsurlaub

Die Familie ist im Weihnachtsurlaub bei einer Gruppenreise durch den Jemen entführt worden. Sie hielt sich nach Angaben des Auswärtigen Amtes in Berlin seit dem Heiligen Abend in dem Land im Süden der arabischen Halbinsel auf. Anlass war eine Einladung des früheren jemenitischen Botschafters in Deutschland, hieß es in Regierungskreisen.

"Die Geiseln sind in Sicherheit", sagte einer der Entführer des Stammes Al-Abdullah der Nachrichtenagentur Reuters am Mittwoch per Telefon. "Ihr Leben ist nicht in Gefahr und sie sind Gäste unseres Stamms." Mit der Entführung solle der Jemen dazu gebracht werden, fünf inhaftierte Stammesmitglieder freizulassen.

"Mit allen relevanten Stellen in Kontakt"

"Das Auswärtige Amt steht mit allen relevanten Stellen in Kontakt und wird alle Anstrengungen daran setzen, die Familie so schnell wie möglich wieder in Sicherheit zu bringen", sagte der Sprecher des Auswärtigen Amts, Martin Jäger. Unterdessen tagte der Krisenstab des Auswärtigen Amtes unter Leitung von Staatssekretär Georg Boomgarden.

Laut dem jemenitischen Reiseunternehmen Abu Talib Group (ATG) wurde die Familie in der weitgehend von lokalen Stämmen beherrschten Wüstenprovinz Shabwa rund 480 Kilometer östlich der Hauptstadt Sanaa entführt. Sie waren demnach auf dem Weg von Aden in die Hafenstadt Mukalla. Dort ist für Touristen auf vielen Strecken eine militärische Begleitung vorgeschrieben. Beim Mittagessen in der Kleinstadt Amran hätten sich die Soldaten jedoch von den Urlaubern entfernt. Nach jemenitischen Stammesangaben wurden die Deutschen bereits vor "rund drei Tagen" verschleppt.

Es ist bereits die dritte Entführung von Ausländern im Jemen innerhalb von wenigen Wochen: Am Heiligen Abend waren die beiden Österreicher nach mehrtägiger Entführung freigekommen. Die Kidnapper hatten die Freilassung von seit einem Jahr inhaftierten Angehörigen gefordert, die verdächtigt wurden, sich den Aufständischen im Irak anschließen zu wollen. Im November waren zudem zwei Schweizer von einem Stammesführer entführt worden, der die Freilassung seines wegen Autodiebstahls inhaftierten Bruders erpressen wollte. Im August brachten Entführer im Süden des Landes für wenige Stunden drei Spanier in ihre Gewalt. (APA/AFP/AP/Reuters/dpa)