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Zum EU-Vorsitz starten 25peaces ihre "rolling boards" mit Künstler-Blicken auf Europa. Der des Spaniers Carlos Aires erregte FPÖ und "Krone": Drei nackte Darsteller mit Masken von George W. Bush, Queen Elizabeth und Jacques Chirac in eindeutiger Pose.

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Dazu das von Tanja Ostojic an Courbet angelehnte "anstößige" EU-Plakat

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Und das Original von Courbet: "Der Ursprung der Welt"

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Wien – Die Projektreihe "25peaces", die am 12. März mit Licht- und Ton-Interventionen zur Bombardierung der Wiener Innenstadt 60 Jahre zuvor begann, sorgt erneut für erhebliche Aufregung: Seit 27. Dezember werden unter dem Titel "euroPART. Aktuelle Kunst aus Europa" auf 400 Rolling Boards insgesamt 150 Plakate von 75 Künstlern, die sich zum Teil äußerst kritisch mit der EU beschäftigen, präsentiert. Und drei Sujets sind der FPÖ, der SPÖ wie der "Kronen Zeitung" ein Dorn im Auge:

Die in Berlin lebende Künstlerin Tanja Ostojic (Jahrgang 1972) zeigt – in Anlehnung an Gustave Courbet – den "Ursprung der Welt": den Unterleib einer Frau. Anders aber, als im Original, sieht man nicht das Geschlecht: Das Model trägt einen blauen Slip, der mit den EU-Sternen verziert ist.

Aggressiver ging der in Madrid lebende Spanier Carlos Aires (Jahrgang 1974) vor: Er lichtete drei nackte Darsteller mit Masken von George W. Bush, Queen Elizabeth und Jacques Chirac in (zwei verschiedenen) Sex-Posen ab.

Diese Plakate sollen bis Ende Jänner – bewusst zum Auftakt des österreichischen EU-Ratsvorsitzes – im Zehn-Sekunden-Takt auf den beleuchteten Werbeflächen abrollen. Die umstrittenen Sujets sind lediglich an dreizehn Orten zu sehen. Von 24. bis 30. Jänner will das Team von "25peaces" rund um den ORF-Strategen Wolfgang Lorenz die Serie auch in Salzburg zeigen – anlässlich der großen EU-Konferenz "Sound Of Europe".

Die Reihe "25peaces" zum Gedankenjahr 2005 inklusive der EU-Präsidentschaft wurde vom Bundeskanzleramt mit einer Million Euro gefördert. FPÖ-Bundesparteiobmannstellvertreter Norbert Hofer kritisierte die Plakataktion als geschmacklos: "Ich weiß schon, dass man der Kunst ihre Freiheit lassen muss, man muss aber nicht jeden Unsinn mit Steuergeld fördern." Kritik kam auch von SP-Bundesgeschäftsführer Norbert Darabos. Es stelle sich die Frage, ob diese Art der Begrüßung der EU-Präsidentschaft geeignet sei, die anstehenden Probleme zu lösen.

SPÖ-Bundesfrauengeschäftsführerin: Plakate "extrem frauenfeindlich"

Als "extrem frauenfeindlich" bezeichnete SPÖ-Bundesfrauengeschäftsführerin Bettina Stadlbauer die Plakate. Für sie ist es "empörend", dass Bundeskanzler Wolfgang Schüssel derartige Darstellungen im öffentlichen Raum mit Steuergeldern fördert. Und Barbara Prammer, die Zweite Nationalratspräsidentin (SPÖ), forderte Schüssel auf, die skandalöse Plakataktion "auf der Stelle zu stoppen".

Im Kanzleramt hagelte es Proteste aus der Bevölkerung. Die Mitarbeiter wurden angewiesen, das Projekt zu erklären, die Förderungen zu bestätigen, aber zu betonen, dass die Regierung keinen Einfluss habe und nehme. Schüssels Pressesprecherin Heidi Glück sprach von einem "unabhängigen Kunstprojekt", ihr Chef habe die Sujets nicht gekannt.

Das Team der "25peaces" steht hinter der Plakataktion: Die Sujets seien "in einem Klima der Unabhängigkeit von den Förderern und innerhalb der Freiheit der Kunst" von zwei Kuratoren, Walter Seidl und Ursula Maria Probst, ausgewählt worden. (trenk, tó / DER STANDARD, Print-Ausgabe, 29.12.2005)

"Kronen Zeitung": "Schüssel stoppt Plakate"

Die Erregung hatte Folgen: Bundeskanzler Schüssel wolle die Plakate laut "Kronen Zeitung", die die Debatte erst ins Rollen gebracht hatte, noch bis Sonntag entfernen lassen. "Schüssel stoppt die EU-Porno-Plakate", so die Donnerstagsschlagzeile. "Mit Kunst habe das nichts zu tun - die Grenzen des guten Geschmackes und des Zumutbaren seien bei weitem überschritten worden", wird Schüssel zitiert. Man werde diesen "höchst geschmackslosen Teil der Kampagne" aus der Gesamtförderung herausnehmen, so das zuständige Bundeskanzleramt.

Schüssels Sprecherin Heidi Glück erklärte kurz nach Bekanntwerden der Schlagzeilen gegenüber der Austria Presse Agentur, der Bundeskanzler kann die EU-Sex-Plakate gar nicht entfernen lassen, wie das von der "Kronen Zeitung" behauptet wurde. Es handle sich um ein "unabhängiges Kunstprojekt", das überwiegend durch Sponsoren finanziert wird. Schüssel bleibt daher nur die Möglichkeit, an die Verantwortlichen Wolfgang Lorenz und Georg Springer zu appellieren, die Sujets aus der Kunstaktion herauszunehmen. Sie habe mit einem der Initiatoren bereits gesprochen, sagte Glück. Ob diese darauf reagieren werden, ist fraglich. Beide hatten betont, zu den Darstellungen zu stehen. Geld werde für diesen Teil der "25 Peaces" Projektreihe zum Jubiläumsjahr 2005 nicht fließen, kündigte Glück an. (APA)