Wien - Mit Jahresbeginn 2006 gilt in Österreich ein neues Kartellrecht, mit dem das Kartellverbot an EU-Recht angepasst wird. Kartelle sind somit zukünftig auch nach österreichischem Recht entweder verboten oder nach gewissen Kriterien ausgenommen. Die bisher mögliche Genehmigung von Kartellen durch das Kartellgericht gibt es nicht mehr. Weitere Eckpfeiler des neuen Kartellrechts sind die automatische Ausnahme gewisser Kartelle, die Einführung der Kronzeugenregelung und die Anhebung der Aufgriffsschwelle für die Überprüfung von Zusammenschlüssen.

Ein Unternehmen, das an einem Kartell beteiligt ist, kann sich in Zukunft dadurch reinwaschen, dass es dieses Kartell anzeigt. Führt diese Anzeige tatsächlich zur Offenlegung des Kartells, sieht die "Kronzeugenregelung" vor, dass dieses Unternehmen mit Straffreiheit oder mit erheblicher Erleichterung der Geldbußen rechnen kann. Die Kronzeugenregelung, die es bisher im österreichischen Strafgesetz nicht gab, hat sich EU-weit als das wichtigste Instrument zur Aufdeckung von Kartelle herausgestellt.

Verantwortung bei Unternehmen

Vom Kartellgericht schon genehmigte Kartelle dürfen noch bis längstens Ende 2006 vollzogen werden. Danach sollte von den beteiligten Unternehmen überprüft werden, ob das Kartell noch ins neue Regime passt. Die Verantwortung dafür liegt bei den Unternehmen. Diese müssen in Zukunft nämlich selbst beurteilen, ob eine von ihnen geschlossene Vereinbarung kartellrechtswidrig sein könnte. Die bisher mögliche Genehmigung durch das Kartellgericht gibt es nicht mehr. Bei Zuwiderhandlung kann eine Geldbuße von bis zu 10 Prozent des Jahresumsatzes verhängt werden.

Vom Kartellverbot per Gesetz jedenfalls ausgenommen sind so genannte "Bagatellkartelle". Das sind Kartelle, an denen Unternehmen beteiligt sind, die gemeinsam am gesamten inländischen Markt einen Anteil von nicht mehr als 5 Prozent und an einem allfälligen inländischen räumlichen Teilmarkt von nicht mehr als 25 Prozent haben. Weiters ausgenommen ist auch die so genannte Buchpreisbindung, Ausnahmen gibt es auch für den landwirtschaftlichen Bereich.

"Austriaca", die bleiben`

Einige so genannte "Austriaca" bleiben aber bestehen. So werden Wettbewerbsbeschränkungen im Genossenschaftsbereich und zwischen Mitgliedern einer Kreditinstitutsgruppe im Sinne des § 30 Abs. 2a Bankwesengesetz (BWG) belassen. Unter letzteres fällt etwa der von der Bank Austria Creditanstalt (BA-CA) auf EU-Ebene bekämpfte Haftungsverbund von Erste Bank und Sparkassen. Weiters ist nach österreichischem Recht - abweichend von der EU-Regelung - bereits eine Beteiligung von 25 Prozent ausreichend, um eine Kartellanmeldung durchführen zu müssen.

Stellung der Konsumenten nicht verbessert

Die Stellung der Konsumenten im Kartellrecht hat sich laut Experten dagegen nicht verbessert. Es sei sicher keine "Konsumentenschutzmaßnahme". Die Teilnahme von Verbrauchern bei Kartellverfahren ist nicht vorgesehen, der Zugang von Konsumentenschutzorganisationen zu Informationen, um diese dann bei Schadenersatzklagen verwenden zu können, sei "nicht revolutioniert" worden. So sei etwa der Anschluss an ein Verfahren oder die Akteneinsicht nur mit Zustimmung aller betroffenen Parteien möglich. "Private enforcement" - die private Rechtsdurchsetzung bei Kartellverstößen - sei mit dem neuen Kartellrecht nicht verwirklicht worden, so Konsumentenschützer. (APA)