Tsunami in Südasien, Erdbeben in Pakistan, Hochwasser-Serien in Rumänien, Hungersnot in Niger, Bürgerkrieg im Sudan - 2005 kann mit Sicherheit als "Jahr der Katastrophen" bezeichnet werden. Caritas-Präsident Franz Küberl zog am Dienstag in Wien Bilanz und wagte einen Ausblick in die Zukunft der Katastrophenhilfe. Dabei sparte er weder mit Lob, noch mit Kritik an Bundesregierung und EU.

Klare Regeln gefordert

Eine Forderung von Küberl ist etwa die Dotierung des nationalen Katastrophenhilfefonds. Nur so könne garantiert werden, dass auch Finanzmittel für "stille" Krisen außerhalb des "medialen Schweinwerfers" bereitstehen. Der Caritas-Präsident könnte sich vorstellen, den Topf mit "rund fünf bis zehn Millionen Euro" zu füllen. Außerdem soll das Außenministerium künftig die Führung und Koordination von Hilfseinsätzen übernehmen. Küberl: "Wir brauchen klare Regeln."

Österreich verfüge über großes Know-how, deshalb sei eine bessere Positionierung in der internationalen Katastrophenhilfe wünschenswert, so Küberl. Auch auf EU-Ebene gebe es einiges zu verbessern. Die Amtswege seien "eindeutig zu lang", erforderlich wären "klare und transparente Entscheidungsstrukturen". Es falle keine Katastrophe "vom Himmel", fast alle Ereignisse seien vorhersehbar. Katastrophenvorsorge müsse deshalb eine immer größere Rolle spielen, betonte Küberl.

"Ärmel gemeinsam hochkrempeln" R

"Wir rechnen mit einer steigenden Zahl an Katastrophen in den kommenden Jahren", berichtete Sabine Wartha, Leiterin der Caritas-Katastrophenhilfe. Klimawandel, aber auch die Siedlungspolitik in Schwellen- und Entwicklungsländern erhöhen das Risiko. Küberl ist überzeugt, dass die Welt "durch Schock und Hilfe ein Stück mehr zusammengewachsen ist, wir müssen die Ärmel gemeinsam hochkrempeln. Kaschmir hat in den vergangenen 50 Jahren noch nie so viel Freiheit geatmet wie nach dem Erdbeben".

Die Caritas Österreich arbeitet weltweit mit 162 Partner-Organisationen zusammen. In den vom Tsunami zerstörten Gebieten wurden 300.000 Menschen mit Wasser versorgt, 6.000 Hütten und 2.500 Häuser aufgebaut. Seit September 2004 sind knapp 29 Mio. Euro in die Katastrophenhilfe für den Darfur (Sudan) geflossen. In Westafrika, vor allem in Niger, wurden 3.200 Tonnen Getreide verteilt. Und in Rumänien hunderte von den Fluten weggespülte Häuser neu errichtet.

"Wir müssen die Bedürfnisse der Menschen in den Krisengebieten genau kennen - was sie essen, welche Kleidung sie tragen, welches Klima dort herrscht. Das geht nur mit lokalen Partnern", betonte Wartha. Und der Caritas-Präsident ergänzte seine Kritik an der EU: "Die eurozentristische Sichtweise ist nicht optimal - wir wollen schließlich keine moderne Form von Kolonialismus." (APA)